Die Absage schadet der Stadt

Der Senat spart sich die Internationale Bauausstellung

VON UWE RADA

Um zu sehen, welche Impulse eine Internationale Bauausstellung erzeugen kann, muss man dieser Tage einfach nach Hamburg schauen. In Wilhelmsburg, einem vernachlässigten Stadtteil auf der Elbinsel, erfindet sich die Hansestadt neu. Die Themen heißen: Kosmopolis, also Einwandererstadt, Metrozonen, also Stadt am Stadtrand, sowie Stadt im Klimawandel. Selbst die miesen Schlagzeilen um die Dauerbaustelle Elbphilharmonie hat diese Lust am urbanen Experimentieren wettmachen können.

Intellektuelle Verarmung

Auch Berlin bräuchte dringend neue Ideen für die Stadtentwicklung: Die Mieten in der Innenstadt steigen rasant, im Zentrum wie am Stadtrand muss verdichtet werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatten mit der Internationalen Bauausstellung 2020 denn auch einiges vor. Unter dem Motto „Drinnenstadt wird Draußenstadt“ sollten die Potenziale von Suburbia für eine nachholende Urbanisierung ausgelotet werden. Stadtrand ohne Rand – was für eine Aufgabe!

Nun streicht Berlin kurzerhand das Experimentieren: 50 bis 60 Millionen will der rot-schwarze Senat offenbar sparen, indem er auf die IBA – es wäre nach 1957 und 1987 die dritte in der Stadt – verzichtet. Bislang war Hamburg Berlin vor allem in materieller Hinsicht überlegen – nun hat es auch intellektuell die Nase vorn.

Den Verantwortlichen vorzuwerfen, sie hätten bislang wenig Konkretes zu bieten, ist wohlfeil. Eher wird ein Schuh draus, wenn man unterstellt, die neue Garde der SPD wollte die IBA ohnehin nicht. Landeschef Stöß hat sie offen torpediert, indem er sie – reichlich rückwärts gewandt – zu Wohnungsbauzwecken ans Rote Rathaus verlegen wollte.

Nun opfert Stöß die IBA dem Koalitionspartner gleich ganz. Kurzfristig schadet er damit Michael Müller, dem einzigen SPD-Mann im Senat, der immerhin eine Erfolgsbilanz vorzuweisen hat. Mittelfristig schadet die intellektuelle Selbstentmächtigung der Berliner SPD. Langfristig schadet sie leider ganz Berlin. Denn die Außenstadt wird das Thema der nächsten Jahre werden. Nun verzichtet Berlin darauf, konzeptionell Einfluss zu nehmen.