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Archiv-Artikel

GEOFF BODINEDer Held hinter dem Helden

Der Held heißt Steven Holcomb. Er beendete eine 62-jährige amerikanische Gold-Flaute im Bob, rechnete das Magazin Sports Illustrated aus. Als letzter US-Pilot hatte 1948 in St. Moritz ein gewisser Patrick Henry Martin triumphiert. Und die New York Times rekapitulierte noch einmal die Augenkrankheit, die Holcomb beinahe hätte erblinden lassen. Es ist eine rührende Geschichte, eine typisch amerikanische eben. Noch amerikanischer ist nur die Geschichte vom Helden hinter dem Helden Holcomb. Der heißt Geoff Bodine und ist, so der Chefcoach des US-Bob-Teams Brian Shimer, „der Retter des Sports in unserem Land“.

Der heute 60-jährige Bodine war ein erfolgreicher Autorennfahrer, als er im Februar 1992 beim Zappen durch die TV-Kanäle an einer Übertragung von den Olympischen Spielen in Albertville hängen blieb. Was in dieser amerikanischen Nacht aus Frankreich nach Amerika gesendet wurde, faszinierte den Nascar-Fahrer Bodine: Er sah eine Sportart, die ähnlich rasant war wie seine. Das weckte sein Interesse. Und dass der Fernsehkommentator erwähnte, dass die der Weltspitze weit hinterherfahrenden Amerikaner mit Bobs ausgerüstet waren, die sie gebraucht aus deutscher Produktion erwarben, das weckte auch noch seinen Patriotismus. Bodines Mission fortan: Ein Amerikaner sollte in einem amerikanischen Bob olympisches Gold gewinnen.

Mit seinem Bo-Dyn Bobsled Project fusionierte Bodine Nascar-Knowhow und ungefähr zwei Millionen Dollar, um auf US-Boden endlich konkurrenzfähige Bobs zu bauen. Der „Night Train“, mit dem Holcomb sicher durch die gefürchtete Bahn in Whistler kurvte, gilt nun sogar als schneller als die Gefährte der Berliner FES oder die der österreichischen Gebrüder Singer.

Allerdings auch nicht so schnell, dass ihn selbst ein blinder Pilot zum Olympiasieg hätte steuern können. Aber seit einer Operation vor zwei Jahren sieht Holcomb wieder ganz prächtig und war so in der Lage, den patriotischen Auftrag, der Bodine vor 18 Jahren übers TV-Gerät ereilte, zu vollenden. THOMAS WINKLER