piwik no script img

Archiv-Artikel

„Da war ich richtig verdattert“

FÜHRUNG Ein Kunsthistoriker stellt ausleihbare „verborgene Schätze aus der Graphothek“ vor

Von EIB
Detlef Stein

■ 44, ist Kunstwissenschaftler und lebt in Bremen.

taz: Herr Stein, wissen Sie schon, was Sie heute zeigen werden?

Detlef Stein: Ich wollte letzten Monat gerne eine Fotografie von Wols zeigen, bin aber gescheitert, weil die schon jemand ausgeliehen hatte – wahrscheinlich inspiriert durch die Ausstellung in der Kunsthalle. Das versuch’ ich jetzt noch einmal.

Und wenn die immer noch weg ist?

Dann geh’ ich ins Magazin und stöber’ ein bisschen.

Und dabei fallen Ihnen dann „verborgene Schätze“, wie die Führung heißt, in die Hände?

Ja, der Titel, den wir uns für die Reihe ausgedacht haben, passt wirklich ganz gut. Die Graphothek ist ohnehin eine bemerkenswerte Sammlung, aber darunter befinden sich dann noch einmal kunstgeschichtlich besonders attraktive Werke, wo ich dann ‚Holla!‘ denke, wenn ich so etwas finde.

Ein Beispiel?

Ich habe mal einen Holzschnitt von Christian Schad gefunden, ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit, da war ich richtig verdattert, als ich den in den Händen hielt.

Warum?

Das war ein Holzschnitt aus den 20er-Jahren, den Schad in hohem Alter noch einmal nachgedruckt hatte. Die Graphothek besteht ja überwiegend aus Ankäufen der 70er-Jahre, daher stammen auch die meisten Werke aus dieser Zeit. Da fällt so etwas aus den 20er- und 30er-Jahren schon auf.

Und so einen Schatz leihen Sie dann selbst auch mal aus?

Nein, dafür habe ich leider keinen Platz mehr. Als Kunsthistoriker besitze ich einfach selbst schon zu viel. Da gibt es eben auch mal im Tausch ein Kunstwerk für einen Katalogtext …

Der Wols, den Sie zeigen wollen: Was ist darauf zu sehen?

Das ist eine Fotografie, die Wols 1937 gemacht hat, auf der Weltausstellung in Paris, eine Auftragsarbeit für die Pariser Modevereinigung zur Dokumentation des Modepavillons. Zu sehen sind nur die Hände von Kleiderpuppen. Das hat etwas Gespenstisches – ein irres Foto.

INTERVIEW: EIB

17 Uhr, Zentralbibliothek, Krimibibliothek, Eintritt frei