: Gewalt loswerden
OPFERHILFE Das Bremer Jungenbüro will missbrauchte und misshandelte Jungen online beraten
Mit einer bundesweit einmaligen anonymen Online-Beratung will das Bremer Jungenbüro Jungen als Gewaltopfer ansprechen. Bisher kämen die meisten Jungen auf Vermittlung von Eltern oder Fachkräften wie LehrerInnen in die Beratungseinrichtung, sagte der Projektleiter Rolf Tiemann. Mit der Homepage www.jungenberatung-bremen.de hoffe er, dass sich jetzt auch Jungen direkt Hilfe suchen.
Allerdings sei die Schamgrenze für Jungen und Männer, sich als Opfer zu begreifen, immer noch sehr hoch. Deshalb wird das neue Angebot vermutlich auch nicht von Anfragen überrannt werden wie das Vorbild, die Online-Beratung des Bremer Mädchenhaus, die sich ebenfalls an Kinder und Jugendliche in Bremen richtet und Anfragen aus ganz Deutschland bekommt.
Der Unterschied zwischen den beiden Internetseiten: Das Jungenbüro wird vorerst kein Forum anbieten, an dem sich die Nutzer untereinander austauschen können. Die Erfahrungen einer Münchener Einrichtung, die sich um sexuell missbrauchte Jungen kümmert, habe gezeigt, dass Jungen die Online-Beratung anders nutzen als Mädchen. „Die gucken sich das zwei, drei Wochen an, schreiben dann auf zwei Seiten ihre Missbrauchserfahrungen auf und dann hört man meistens erst einmal nichts mehr von ihnen“, erzählt der Pädagoge Tiemann. Offenbar ginge es den meisten erst einmal darum, ein Problem oder eine Frage los zu werden, statt in einen längeren Dialog zu treten, wie es Mädchen häufig tun. Sollte jemand das Bedürfnis haben, im Chat oder persönlich über das Erlebte zu sprechen, sei dies natürlich auch möglich, so Tiemann.
Finanziert wird das Projekt bis Ende 2011 von der ARD-Fernsehlotterie. Hoffnungen auf eine Perspektive darüberhinaus machte Herbert Holakovsky, Abteilungsleiter im Amt für soziale Dienste. Er könne nichts versprechen, könne sich aber vorstellen, dass Bremen wie beim Mädchenhaus nach einer Anschubfinanzierung durch Sponsoren die Kosten übernimmt.
Das 1999 gegründete Jungenbüro wird seit vergangenem Jahr öffentlich gefördert. Die vier Mitarbeiter beraten Jungen, sexuell missbraucht wurden oder denen auf andere Weise Gewalt angetan wurde. Ein großer Teil wird von Gleichaltrigen gemobbt. eib