: Milos Zeman mimt den Machiavellisten
TSCHECHIEN Der Präsident will in Prag eine Regierung nach eigenem Gusto installieren. Bei seinem Besuch in Berlin empfiehlt Amtskollege Joachim Gauck vornehme Zurückhaltung. Damit tut sich Zeman schwer
AUS PRAG ALEXANDRA MOSTYN
Mit einem gut gemeinten Rat begrüßte Bundespräsident Joachim Gauck seinen tschechischen Amtskollegen Milos Zeman am Mittwoch in Berlin: Gerade in stürmischen politischen Zeiten müsse ein Präsident „moderierend und ausgleichend wirken“, „gesellschaftliche Gräben überwinden und die Nation einen“. Er solle keine zweite Regierungsmacht sein. In Tschechien hat sich Zeman gerade als machiavellistischer Machtmensch geoutet.
Nachdem die liberal-konservative Koalition des 2010 gewählten Ministerpräsidenten Petr Neas nach einem deftigen Korruptions- und Abhörskandal zurücktreten musste, zeigt sich Zeman alles andere als staatsmännisch: ganz im Stil römischer Imperatoren hat er seinen Kumpel zum Regierungschef ernannt.
Jiri Rusnok, Wirtschaftswissenschaftler und von 2001 bis 2002 Finanzminister in der Regierung, die Zeman einst unter Duldung der Opposition leitete, steht der Mikropartei nahe, die Zeman gegründet und ganz unbescheiden „Zemanisten“ getauft hat. Dieser Rusnok soll nun das Kabinett leiten, das Zeman als „Expertenkabinett“ anpreist. „Das ist keine Expertenregierung, sondern Zemans Kumpelkabinett“, schimpft Exfinanzminister Miroslav Kalousek.
Mit Besorgnis blicken tschechische Politik wie Zivilgesellschaft nun auf den Putsch des Präsidenten. Nachdem Zeman seine Karten offengelegt hat, verfügt das Abgeordnetenhaus noch über zwei Asse. Es könnte sich selbst auflösen und so Neuwahlen herbeiführen. Auf jeden Fall muss Rusnok in zwei Wochen im Abgeordnetenhaus um das Vertrauen für seine Regierung bitten. Bekommt er es nicht, was wahrscheinlich ist, müsste Zeman laut Verfassung einen zweiten Versuch der Regierungsbildung unternehmen. Da die ihm nicht vorschreibt, wann er diesen Versuch unternehmen muss, kann Zeman aber auch sein Kumpelkabinett einfach als Regierung in Demission weitermachen lassen. „Das wäre dann tatsächlich ein Angriff auf die parlamentarische Demokratie“, so der Politologe Roman Joch.