: Vorhersehbar
Hauptsache fahrige Kamera: „The Road to Guantanamo“ folgt im Wettbewerb politisch korrekter Empörung
Von allen Filmen der Berlinale ist „The Road to Guantanamo“ wohl der vorhersehbarste. Wer Winterbottoms „In this World“, mit dem er 2002 den Goldenen Bären gewann, gesehen hat, glaubte sich deshalb mit einer Inhaltsangabe im Grunde schon bestens bedient. Die filmische Umsetzung konnte man sich schließlich denken und auch die Haltung des Regisseurs. Nicht gerechnet hat man allerdings mit der Wirkung: Voller Empörung über das geschilderte Unrecht verlässt man das Kino.
Winterbottoms Film handelt von drei unschuldig im amerikanischen Gefangenenlager in Guantánamo festgehaltenen Briten. Deren „Weg nach Guantánamo“ geht so: Ruhel sollte heiraten, sein Vater hatte ihm in Pakistan eine Braut ausgesucht. Vier Kumpel reisen ihm nach Karatschi nach. Von Pakistan aus planen die Freunde Ende September 2001 einen Ausflug nach Afghanistan, „um zu sehen, wie es dort ist“. Der Einmarsch steht unmittelbar bevor. Sie fahren nach Kandahar und Kabul und werden alsbald vom Krieg überrascht. Von Evakuierungslastern herunter werden sie von Truppen der Nordallianz festgenommen, nach einiger Zeit den Amis übergeben, von denen schließlich nach Guantánamo verschleppt. Von dort kehren sie erst nach über zwei Jahren wieder zurück; frei von jeder Anklage, wie es so schön heißt.
Ganz im herkömmlichen CNN-Fernseh-Dokumentationsstil beginnt Winterbottom mit Archivmaterial, nimmt dann Interview-Passagen mit Ruhel Ahmed, Asif Iqbal und Shafiq Rasul und illustriert, was sie erzählen. Die nachgestellten Szenen imitieren einheitlich das atemlose Nachrichten-Feature: fahrige Kamera, schnelle Schnitte, schlechte Ausleuchtung. Man sieht, wovon man schon gehört hat: nackte Männer mit Säcken auf den Köpfen, die so genannten „Hundezwinger“ auf Guantánamo, schlimme Verhörmethoden. Mit der Verbindung von Statements und Reenactment überzeugt einen der Film davon, dass alles auf Fakten beruht.
Die vollendete Nachahmung des Nachrichtenstils unterbindet jede Subjektivität. Nie sagen die Jungs, was sie empfunden haben. Sie reden zu hören, wäre aber wohl interessanter gewesen, als schmissig nachgestellte Szenen von Krieg, Gefangenschaft und Folter.
BARBARA SCHWEIZERHOF
15. 2., 12 + 18.30 Uhr, Urania