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Archiv-Artikel

Länger arbeiten – aber wie?

Die SPD diskutiert über die Erwerbsunfähigkeitsrente, die sie erst 2000 abgeschafft hat

Von UWI

BERLIN taz ■ Fieberhaft überlegt die SPD, welche Ausnahmen sie von der Rente mit 67 zulassen muss – und zulassen kann.

Einerseits hat sich nach anfänglicher Zustimmung für den Plan des Arbeitsministers Franz Müntefering (SPD) jetzt herumgesprochen, dass auch im Jahr 2029 nicht jeder bis zum 67. Geburtstag arbeiten können wird. Der jüngst so oft bemühte Dachdecker ist hier nur eines von vielen Beispielen.

Andererseits müssen Ausnahmen so bemessen sein, dass sie den Einspareffekt nicht zunichte machen. Die ursprünglich angepeilte Erleichterung für die Rentenkassen wird sowieso schon dadurch geschmälert, dass mit 65 weiterhin in Rente dürfen soll, wer 45 Jahre gearbeitet hat.

Als eine nahe liegende Option wird derzeit gehandelt, die Erwerbsminderungsrente wieder zu einer Erwerbsunfähigkeitsrente auszubauen. Die Erwerbsunfähigkeitsrente und die Berufsunfähigkeitsrente waren erst im Jahr 2000 abgeschafft worden. Zur Begründung hieß es damals, diese beiden Rentenformen würden zu oft genutzt, um ältere Arbeitnehmer aus arbeitsmarktpolitischen Gründen aus dem Erwerbsleben zu schieben.

Schwerer dürfte allerdings der finanzielle Effekt gewogen haben. Denn die Erwerbsminderungsrente gibt’s jetzt vor dem 63. Lebensjahr nur als gekürzte Rente mit Abschlägen. Sollte ein Gutachter die Arbeitsfähigkeit mit mehr als 3, aber unter 6 Stunden pro Tag bemessen haben – was zum Beispiel auf viele chronisch Kranke zutrifft –, gibt es nur eine halbe Rente. Die Inanspruchnahme dieser Rentenform sank laut Statistiken der Rentenversicherung von 2000 bis 2004 bereits deutlich: 2000 gingen 214.000 Menschen erwerbsgemindert in Rente, 2004 waren es nur noch 169.000.

Das heißt jedoch nicht, dass nun mehr Ältere im Arbeitsmarkt bleiben – in welchem Zustand Knie, Rücken oder Seele auch immer sein mögen. Vielmehr weisen die jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) darauf hin, dass die Älteren nun eben über andere Kanäle aus dem Erwerbsleben gedrückt oder gelockt werden: Denn seit 2000 sind bei der BA die Anträge auf Altersteilzeit in die Höhe geschossen. Im Schnitt wurden 2000 noch etwa 33.400 Ältere über Altersteilzeit gefördert, 2003 schon 70.000, und 2005 waren es in den ersten drei Quartalen 88.000.

Die Altersteilzeitregelung gilt noch bis 2009. Demnach können Über-54-Jährige mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, nur noch die Hälfte zu arbeiten, aber 80 Prozent Lohn zu bekommen. Meist wird die Arbeitszeit dann geblockt: Bis zu zweieinhalb Jahre wird gearbeitet, dann gehen zweieinhalb Jahre Ruhezeit in die (gekürzte) Rente über.

Solange Ältere im Arbeitsmarkt nicht gewollt sind, wäre eine neue Erwerbsunfähigkeitsrente eben ein weiteres Rohr in einem System kommunizierender Röhren. Immerhin das. UWI