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Archiv-Artikel

Durchgetanzt bis in den Morgen

DIE MÖBELFABRIK SCHLIESST

Der Name entstand aus dem Schriftzug an der Fassade aus den 1930er Jahren

Die Möbelfabrik macht zu. Echt? Krass! Das war doch dieser coole Laden am U-Bahnhof Rosenthaler, oder? Im Keller, irgendwie. Plüschsofas, Steingewölbe, Lichtinstallationen, abgefahrene Musik. Wusste gar nicht, dass die überhaupt noch offen hatte. Der Laden war doch wie aus der Zeit gefallen: eines der letzten Überbleibsel der Neunziger am sonst touristisch restlos erschlossenen Hackeschen Markt. Vor zehn Jahren war ich da mal. Auf einer Party von Sara?

Ich rufe Sara an: „Hi, Sara, die Möbelfabrik macht zu.“ – „Echt? Krass!“ – „Hast du da mal eine Party gefeiert?“, frage ich. „Ich?“, fragt Sara. „Oder hattest du was mit dem DJ?“, überlege ich weiter. „Ich hatte was mit ’nem DJ aus der Möbelfabrik?“, staunt Sara und grübelt. „Kann ich mich gar nicht erinnern.“ Im Hintergrund schreit das Baby.

Ich rufe Christoph an. „Christoph, kennst du die Möbelfabrik?“ – „Klar“, ruft Christoph, „da war ich eine Zeit lang jede Woche.“ – „Echt? Krass!“ – „Ja“, sagt Christoph, „bei den Dancing Jews.“ – „Wie bitte?“ – „Diese jüdische Schwulenparty. Mit DJ ‚Awiv without a tel‘ “, sagt er. „Was haben die gespielt?“, frage ich. „Querbeet alles“, sagt Christoph. „Mit leichtem Hang zum Elektronischen. Bis sieben Uhr morgens haben wir durchgetanzt. Weißt du, diese Nächte, wenn man völlig durchgeschwitzt ist und trotzdem nicht nach Hause will“ – „Wie bist’n da hingekommen?“, frage ich wehmütig, „und warum war ich da nie?“ „Mein Mitbewohner hatte was mit dem DJ“, sagt Christoph. Aha!, denke ich. „Immer war jemand da, den man kannte“, schwärmt Christoph, „alles war irgendwie planlos, aber wild. Und man war nie völlig betrunken, weil die Bestellungen so ewig gedauert haben.“

„Aber der Boden war voll uneben, oder?“, werfe ich ein, im Versuch, irgendwas Schlechtes an dem Laden zu finden, um nicht vor Trauer um 16 verschwendete Jahre in Tränen auszubrechen. Seit 1997 gab es das „Zur Möbelfabrik“, der Name entstand aus dem Schriftzug an der Fassade aus den 1930er Jahren, der mit einem geknickten Pfeil in die Clubräume führte. „Uneben war es“, bestätigt Christoph. „Dadurch fielen einem beim Tanzen immer schöne Frauen in die Arme.“ – „Lass uns noch mal hingehen“, sage ich, „zur letzten Party im ZMF.“ LEA STREISAND

Die Party ist am Samstagabend im ZMF, Brunnenstr. 10, Mitte