: Die nur noch verwahrt werden
Sozialbehörde schweigt zum Fall Marvin. Opposition vermutet, er sei in der Unterbringung Feuerbergstraße kein Einzelfall. Staatsanwaltschafft vernimmt Zeugen
Nichts sagen will die Sozialbehörde zu dem gestern in der taz geschilderten Fall eines Jungen, der mehr als ein Jahr lang in der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße lebte, obwohl er als pädagogisch nicht erreichbar galt. Unter Verweis auf den laufenden Parlamentarischen Untersuchungssausschuss (PUA) „nehmen wir zu diesem Vorgang nicht öffentlich Stellung“, erklärte Sprecherin Katja Havemeister. Die Behörde halte das Konzept der Feuerbergstraße „nach wie vor für geeignet“.
Wie berichtet, war Marvin Schmidt (Name geändert) im Juni 2004 in dem Heim untergebracht worden, obwohl die dortige Psychologin dringend davor warnte. Weil er in die Gruppen nicht integriert werden konnte, wurde er monatelang auf einer isolierten Station überwiegend vom Sicherheitsdienst betreut, gegen den Willen der Mutter medikamentiert und häufig fixiert.
Die taz wollte von der Behördenleitung unter anderem wissen, ob dabei tatsächlich die extra für Marvin angeschafften Gurte eingesetzt wurden und ob diese bei anderen Jungen noch im Einsatz sind. Ferner wurde danach gefragt, ob heute noch Jungen isoliert werden und wie viele Stunden am Tag diese nur den Sicherheitsdienst sehen.
Sollte sich der Fall so zugetragen haben, wie berichtet, „ist es ein weiterer Beweis dafür, dass der PUA dringend nötig ist“, erklärte der SPD-Obmann im Ausschuss, Thomas Böwer. Wenn sich an einem Kind derartiges Versagen manifestiere, „stimmt etwas nicht mit dem System, das eigentlich Hilfe leisten soll“.
Für Christiane Blömeke (GAL) zeigt der Fall „in eklatanter Deutlichkeit“, dass die Jungen in der Feuerbergstraße nur verwahrt würden. „Und das zu einem Zeitpunkt, als die Senatorin uns weismachen wollte, alle Rechtsbrüche seien abgestellt.“ Blömeke befürchtet weitere Fälle. So geht aus dem Gutachten des Experten Christian Bernzen hervor, dass eine Gruppe als „pädagogisch nicht erreichbar“ gilt. Blömeke will nun vom Senat Näheres erfahren.
Der Fall Marvin erhärtet auch den Verdacht der illegalen Psychopharmaka-Vergabe. In dieser Sache ermittelt seit Sommer die Staatsanwaltschaft. „Wir schauen uns alle diese Akten an und vernehmen auch in dieser Woche wieder Zeugen“, so Sprecher Rüdiger Bagger. Es gebe aber noch keinen „konkreten Beschuldigten“. KAIJA KUTTER