Transparenz mit Hindernissen

Informationsfreiheitsgesetz der CDU soll gläserne Verwaltung schaffen. Opposition beklagt zahlreiche Ausnahmeregelungen. Die Herausgabe öffentlicher Daten wird einklagbar, aber es drohen hohe Gebühren und lange Wartezeiten

von MARCO CARINI

George Orwell verkehrt herum: Statt „Big Brother is watching you“ soll es in Hamburg ab Mai heißen: „You are watching big brother“. Das verspricht jedenfalls die CDU-Bürgerschaftabgeordnete Viviane Spethmann, die gestern den Entwurf ihrer Fraktion für ein Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vorlegte. Damit soll der Bürger einen Rechtsanspruch darauf bekommen, gegen eine angemessene Gebühr zu fast allen Daten Zugang erhalten, über die die öffentliche Verwaltung verfügt. Nur besonders „schutzwürdige Informationen“ sollen davon ausgenommen werden. Es lockt, so scheint es, die gläserne Verwaltung.

Bereits 2002 hatten FDP und GAL Entwürfe eines entsprechenden Regelwerks präsentiert, später erarbeiteten dann auch die SPD, die Justizbehörde und schließlich die CDU eine Gesetzesvorlage. Überlebt haben nur die Vorschläge der drei Bürgerschaftsparteien CDU, SPD und GAL, die allesamt im Rechtsausschuss darauf beharren, dass darüber abgestimmt wird. Chancen hat aufgrund der parlamentarischen Mehrheiten indes nur das CDU-Papier. Dieses könnte, so Spethmann, bereits im April verabschiedet werden, um dann Anfang Mai in Kraft zu treten.

Den Oppositionsparteien SPD und GAL geht der Entwurf nicht weit genug. Als „zahnlosen Tiger“ bewertet der GAL-Rechtsexperte Till Steffen das Regelwerk, dem seine Fraktion „in dieser Form keineswegs zustimmen“ könne. Steffen beklagt, dass bei der CDU „Informationen aus laufenden Verfahren generell vom Zugangsanspruch ausgenommen“ werden sollen. Diese Formulierung eröffne den Behörden einen Weg, jeden Vorgang unter dem Tisch zu halten, der nicht schon längst ins Archiv gewandert sei. „Die Bürger und auch die Journalisten“ interessierten aber, so Steffen, „keine antiken Akten, sondern brandaktuelle Vorgänge“.

Auch sei es nicht hinnehmbar, dass öffentliche, im Wettbewerb stehende Unternehmen nicht unter den Informationsanspruch des Gesetzes fallen. Steffens Fazit: „Die CDU bietet weiter Verschwiegenheit und Bürokratie statt Transparenz.“

Das sieht die SPD ähnlich. Ihr Rechtsexperte Rolf-Dieter Klooß kritisiert zudem, dass die Union die Einführung des IFG jahrelang blockiert und dann nur „unter massivem Druck“ in Angriff genommen habe, um sich jetzt „mit fremden Federn zu schmücken“.

Das neue Gesetz soll eine Ergänzung zu jenem des Bundes sein, das Anfang des Jahres in Kraft trat. Ausgenommen aus der Auskunftsverpflichtung werden nach dem CDU-Entwurf in Hamburg alle Vorgänge, die die Bürgerschaft, den Rechnungshof, den Datenschutzbeauftragten, die Bezirksversammlungen und die Innenrevision betreffen. Auch sicherheitsrelevante Daten und die Akten der „Arbeitsgruppe Scientology“ bleiben im Panzerschrank.

Das Gesetz löse „keine große Freude auf der Ebene des Senats aus“, es sei „ein reines Parlamentsgesetz“, stellt Spethmann das Selbstbewusstsein ihrer Fraktion gegenüber der Regierungsmannschaft zur Schau. In der Praxis müsse es nun darum gehen, dass es nicht durch „überhöhte Gebühren, verschleppte Antworten und den Hinweis auf laufende Verfahren ausgehöhlt“ werde.

Denn zu Fristen und Gebühren enthält der CDU-Entwurf genauso wenig konkrete Hinweise, wie dazu, was unter einem „laufenden Verfahren“ genau zu verstehen ist. Hier muss die Hamburger Verwaltung Regeln finden – und damit ihre eigene Kontrolle selbst kontrollieren.