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Archiv-Artikel

„Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage“

Keiner muss einer Behörde offenbaren, ob er Mitglied der Linkspartei ist, sagt der Bochumer Jurist Johannes Rux

taz: Herr Rux, in Bayern sollen Einbürgerungswillige bald in einem Fragebogen über ihre Mitgliedschaft in extremistischen oder extremistisch beeinflussten Organisationen Auskunft geben. Dazu soll auch die Linkspartei zählen. Ist das legal?

Johannes Rux: Es gibt keinen Grund, auf so eine Frage zu antworten. Das ist rechtlich ganz klar. Für einen Bewerber darf kein Nachteil entstehen, wenn er sich dazu nicht äußern will. Ob und warum Menschen Mitglied einer Partei sind, ist allein deren Angelegenheit.

Die politische Ausrichtung eines Bewerbers darf also beim Einbürgerungsverfahren kein Thema sein?

Die Behörde darf natürlich ein Gespräch mit dem Bewerber führen, auch über politische Vorstellungen oder die Sympathie für bestimmte Parteien. Allerdings müssen die Antworten freiwillig bleiben. Man kann das mit dem Arbeitsrecht vergleichen. Als Chef darf ich eine Bewerberin auch nicht fragen, ob sie schwanger ist, weil ich schon durch das Fragen einen gewissen Druck ausübe. Das gilt genauso für eine Parteimitgliedschaft.

Was darf die Einbürgerungsbehörde denn fragen?

Man darf nach Mitgliedschaften in verbotenen Organisationen fragen. Die Behörde kann einen Katalog dieser Organisationen erstellen und gezielt nach Mitgliedschaften fragen. Bei legalen Parteien geht das aber nicht. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.

Immerhin wird die Linkspartei in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet.

Dass eine Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet wird, reicht nicht aus. Deshalb kann die Behörde nicht sagen, eine Organisation sei extremistisch oder extremistisch beeinflusst und ihre Mitglieder und Sympathisanten könnten deshalb nicht eingebürgert werden. Dafür bräuchte Bayern eine ganz andere Rechtsgrundlage.

Wäre es also die beste Taktik, auf eine solche Frage hin einfach zu schweigen?

Ja, das würde ich den Betroffenen raten. Eine Einwanderungsbehörde würde sicher auch eine Ablehnung nicht damit begründen, dass sich der Bewerber geweigert hat, auf Fragen zu antworten, die die Behörde gar nicht stellen darf.

Würden Sie rechtlich gegen einen solchen Fragebogen vorgehen?

Als Einbürgerungswilliger würde ich das nicht unbedingt selbst tun, weil ich Bedenken hätte, dass mich das in ein schlechtes Licht rücken könnte. Ich würde hoffen, dass jemand anderes den Mut hat, Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht zu erheben. INTERVIEW: KERSTIN SPECKNER