: „Sicht der Verschiedenen“
SELBSTHILFE Therapie durch Gemeinschaft nach brasilianischem Vorbild
■ ist Patientenberaterin im Gesundheitsladen Bremen.
taz: Frau Paul-Bauer, was unterscheidet die „selbststärkende Gemeinschaft“ von herkömmlichen Selbsthilfegruppen?
Edeltraud Paul-Bauer: Die Arbeit der selbststärkenden Gemeinschaft stützt sich auf das in den brasilianischen Armenvierteln entwickelte Therapiekonzept „terapia publica“. Es geht um Gemeinschaftshilfe in Form von Austausch und gegenseitigem Anvertrauen. Im Gegensatz zu klassischen Selbsthilfegruppen ist die Arbeit nicht auf Dauer angelegt. Jedes Treffen stellt eine in sich abgeschlossene Einheit dar. Auch steht kein spezielles Problem im Vordergrund.
Worüber wird gesprochen?
Das Thema der Sitzung wird von den Teilnehmenden jede Woche neu bestimmt. Dabei muss es gar nicht zwangsläufig um die eigene Gesundheit gehen. Auch Überlastung durch die Pflege eines Angehörigen kann ein Thema sein. Häufig handelt es sich bei den Themen um eine Vermischung von seelischen und körperlichen Beschwerden.
Wie wird geholfen?
Die „selbststützende Gesellschaft“ setzt sich für die Betrachtung der Probleme Einzelner aus Sicht der Verschiedenen ein. Diese eröffnet den Betroffenen neue Perspektiven. Im Idealfall können sie am Ende aus einer Fülle von Vorschlägen wählen und sich denjenigen Vorschlag aussuchen, der für sie persönlich am besten passt.
Vertraut man sich da nicht eher seinen Freunde an?
Es gibt viele Themen, die als zu privat angesehen werden, als dass man sie mit Freunden oder Familienangehörigen besprechen würde. Fremde Hilfe ist da manchmal einfacher und es ist sehr wichtig zu merken, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist. Interview: mb
2. Juli, 18.30 Uhr, Gesundheitsladen, Braunschweiger Str. 53b