: Zukunft des Rundfunks im Netz
MEDIENPOLITIK Bremer Initiative für die Lockerung der „Depublikationspflicht“: Die Öffentlich-Rechtlichen wollen ihre Beiträge länger im Internet anbieten und die Bremer SPD und Grünen wollen dabei helfen
■ Nach dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (2009), beschlossen von den Ministerpräsidenten der Länder, müssen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten die meisten ihrer Beiträge nach sieben Tagen aus dem Netz nehmen. Wolfgang Fürstner vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger hat die Begründung so formuliert: „Dass das Staatsfernsehen, das Fernsehen, das durch Gebühren finanziert wird, also treuhänderisch verwaltet werden muss, Märkte der privaten Medien kaputt macht, das ist nicht in Ordnung. Und das kritisieren wir.“
„Das kann man doch kaum nachvollziehen“, sagt Antje Grotheer, Medienpolitikerin der Bremer SPD: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie Radio Bremen müssen ihre Beiträge aus dem Internet nach sieben Tagen herausnehmen. „Depublikationspflicht“ heißt diese Regelung aus dem Rundfunkstaatsvertrag. Auf Grotheer geht ein Antrag zurück, den SPD und Grüne unter der Überschrift „Für zukunftsfähige öffentlich-rechtliche Medien“ in die parlamentarischen Beratungen einbringen wollen und mit dem diese „Sieben-Tage-Regel“ gestrichen werden soll. Unverständlich ist die Lösch-Pflicht insbesondere auch, weil diese Beiträge mit den Geldern der Rundfunk-Abgabe finanziert sind, sagt Grotheer.
Mit der Depublikationspflicht haben die Ministerpräsidenten den Sendern nicht freiwillig in die Suppe gespuckt. Dies geschah im Jahre 2009 unter erheblichem Druck der privaten Medienverlage. Die Verlage drohten mit einem EU-Verfahren, wenn die Öffentlich-Rechtlichen mit einer Abgabe, zu denen alle Haushalte seit dem 1. 1. 2013 wie zu Steuern verpflichtet sind, den Privaten Konkurrenz machen wollten.
Für den Bereich von Partnervermittlung und Spielfilme, mit denen private Anbieter auch online ihr Geld verdienen, ist das nachvollziehbar – das gehört aber sowieso nicht zum öffentlich-rechtlichen Auftrag. Mit Informationssendungen und Dokumentationen hingegen würden die Öffentlich-Rechtlichen umgekehrt auch im Internet den Privaten nicht ihr Geschäft verderben.
Bremen will mit seiner parlamentarischen Initiative die bundesweite Diskussion vorantreiben, verhandelt wird aber woanders: Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat das Thema auf der Agenda. Marc Jan Eumann, der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, ist ihr Staatssekretär und zuständig für Medien und Europapolitik. „Die Diskussion um die Löschung von Beiträgen wird kommen“, sagt er, die SPD-Länder seien sich einig, in der CDU werde diskutiert. Das geplante Angebot für Jugendliche sei nicht möglich mit der „Sieben-Tage-Regel“.
Um Jugendliche zu erreichen, würde es reichen, die für sie interessanten Beiträge, die die Öffentlich-Rechtlichen auf ihren Kanälen senden, auf einem Online-Portal anzubieten, sagt der Medienpolitiker der Bremer Grünen, Carsten Werner. Gerade das aber wäre derzeit rechtlich untersagt: Im Internet dürfen Öffentlich-Rechtliche nur in Anknüpfung an ein „linear“ gesendetes Programm Beiträge anbieten. kawe