: Um Mursi wird es eng
STAATSKRISE Außenminister Mohammed Amr tritt wie vier andere Minister und zwei Sprecher zurück
■ Übergriffe: Sexuelle Übergriffe auf Frauen überschatten die Proteste. Am Sonntag sei auf dem Tahrirplatz mit 46 Vorfällen die bislang höchste Zahl registriert worden, teilte eine Bürgerwehr mit. Belästigt wurde auch eine Holländerin.
■ Hilfe: Viele Fälle seien so schwerwiegend, dass die Frauen psychologische und medizinische Hilfe benötigten, sagte ein Mitglied der Hilfsgruppe. Allein am Montag seien 17 Übergriffe registriert worden, 8 Mal seien Freiwillige zum Schutz der Frauen eingeschritten. (ap)
KAIRO dpa/afp | Krisensitzung in Kairo: Ägyptens Präsident Mohammed Mursi ist mit Armeechef und Verteidigungsminister General Abdel Fattah al-Sisi sowie Regierungschef Hischam Kandil zu Gesprächen zusammengekommen. In einer Erklärung hieß es am Dienstag, man werde „über die aktuellen politischen Entwicklungen beraten“.
Der Machtkampf mit der Armee und der Opposition bringt Mursi in Bedrängnis. Er wies in der Nacht zum Dienstag ein Ultimatum der Armee zur Konfliktlösung zurück und kündigte an, seinen Weg für eine nationale Versöhnung fortzusetzen.
Eine Erklärung der Armee, in dem die Staatsführung zu einer Lösung der politischen Krise innerhalb von 48 Stunden aufgefordert wurde, sei ihm vor deren Veröffentlichung „nicht vorgelegt“ worden, erklärte Mursi. Seine Regierung werde daher „auf dem Weg fortfahren, den sie gewählt hat“, um eine nationale Versöhnung zu erzielen.
Allerdings spiegelt sich auch in der Regierung die tiefe Spaltung Ägyptens wider. Nachdem am Montag bereits vier Minister zurückgetreten waren, reichte am Dienstag Außenminister Mohammed Kamel Amr seinen Rücktritt ein. Er ist das einflussreichste Kabinettsmitglied, das Mursi den Rücken kehrt. Auch Mursis Sprecher Ehab Fahmy und Regierungssprecher Alaa al-Hadidi stellten nach Angaben aus Regierungskreisen ihre Posten zur Verfügung.
Die Minister reagierten auf die seit Tagen andauernden Proteste gegen Mursi. Dabei waren am Sonntag mindestens 16 Menschen getötet worden. Millionen Menschen waren landesweit auf die Straße gegangen.
Auch die Justiz schwächte Mursis Position weiter. Ein Berufungsgericht verfügte in einem abschließenden Urteil die Wiedereinsetzung von Generalstaatsanwalt Abdel Meguid Mahmud, den Mursi entlassen hatte.
Die Opposition hatte am Montag ultimativ Mursis Rücktritt bis Dienstagnachmittag gefordert, anderenfalls werde es „eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams“ geben. In dem am Mittwochnachmittag auslaufenden Ultimatum der Armee hieß es, die Forderungen des Volkes müssten erfüllt werden. Anderenfalls werde die Armee einen Fahrplan aus der Krise verkünden und dessen Umsetzung überwachen.
Das wichtigste ägyptische Oppositionsbündnis, die Nationale Rettungsfront, sprach der Armee ihr „Vertrauen“ aus. Mit dem Ultimatum wollten die Streitkräfte sich „nicht in die Politik einmischen“, erklärte das Bündnis und stellte zugleich klar: „Wir unterstützen keinerlei Militärputsch.“
Das Protestbündnis Tamarod erklärte, die Armee habe sich auf die Seite des Volkes gestellt. Ihr Ultimatum bedeute vorgezogene Präsidentschaftswahlen.