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Archiv-Artikel

Liebe nur fürs Kind

ELTERNSCHAFT Wenn Mutter und Vater kein Paar sind, fällt so mancher Konflikt weg – was nicht nur Homos zu schätzen wissen dürften

Wege zum Wunschkind

■ Natürlich: Wenn beide Beteiligten das technisch wie emotional hinbekommen, kann ein Regenbogenkind durch natürlichen Geschlechtsverkehr gezeugt werden. Das scheint jedoch eher die Ausnahme zu sein.

■ Selbsthilfe: Wenn Vater und Mutter regelmäßig am gleichen Ort sind und einander vertrauen, ist eine künstliche Befruchtung in Heimarbeit möglich, auch als „Bechermethode“ bekannt. Das Sperma muss dabei möglichst unverzüglich nach der Ejakulation mit einer Plastikspritze in die Scheide eingeführt werden.

■ Ärztlich: Wenn die künstliche Befruchtung durch einen Arzt oder eine Ärztin erfolgt, wird das Sperma zunächst aufbereitet und ist dadurch von höherer Qualität und länger lagerfähig. Allerdings behandeln nur wenige Praxen und Kliniken lesbische oder alleinstehende Frauen.

Kinderkriegen nicht nur ohne Trauschein, sondern sogar ohne elterliche Liebesbeziehung? Homosexuelle gar als Trendsetter in der Familienpolitik? Das dürfte für gestandene Konservative ein Schock sein. Dass Lesben und Schwule nicht durch Vermehrung zum Erhalt der Art beitragen, galt schließlich lange als Begründung dafür, ihnen die Gleichberechtigung zu verwehren. Abgesehen von vereinzelten Aussagen wie etwa der von CDU-Staatssekretärin Katharina Reiche, die dieses Argument noch kürzlich bei Günther Jauch bemühte, hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass es so etwas wie Regenbogenfamilien gibt, in denen mindestens ein Elternteil schwul oder lesbisch ist.

Für Lesben war der Weg zum eigenen Kind technisch wie rechtlich schon immer recht einfach – ob über ausländische Samenbanken oder per private Samenspende. Schwule, die eine aktive Vaterrolle anstreben, sind hingegen – trotz rechtlicher Verbesserungen des Sorgerechts für unverheiratete Väter – in der Praxis bis heute darauf angewiesen, entweder im persönlichen Bekanntenkreis oder per Kleinanzeige eine Frau zu finden, die bereit ist, die Verantwortung für das Kind im Alltag zu teilen.

Als Mütter kommen für schwule Väter aber keineswegs nur Lesben infrage. Auch bei heterosexuellen Frauen kann es schließlich aus verschiedensten Gründen vorkommen, dass sich kein Partner findet, der zugleich als Kindesvater geeignet erscheint.

Zudem können solche Modelle, bei denen die Eltern nie ein Paar waren und auch definitiv keins werden wollen, für alle Beteiligten Vorteile haben. Im Idealfall bildet sich zwischen den Elternteilen eine enge Freundschaft heraus, die natürlich nicht frei ist von Konflikten etwa über Erziehungs- und Alltagsfragen, aber zumindest frei von klassischem Beziehungsstress, Verletzungen und Sticheleien, die ansonsten viele Patchworkfamilien – und gerade auch die Kinder – belasten.

Auch wenn die klassische Familie mit zwei sich harmonisch liebenden Eltern am gleichen Ort aus Kindersicht ideal sein mag, erscheint das Leben mit zwei nur freundschaftlich verbundenen Elternteilen (und gegebenenfalls deren jeweiligen PartnerInnen) nicht als schlechteste denkbare Alternative. Selbst wenn es im Alltag mit Pendeln zwischen verschiedenen Welten verbunden ist, sind, anders als nach den meisten Trennungen, gemeinsame Unternehmungen, Urlaube und Familienfeiern jederzeit möglich. Und Liebe gibt es auch in solchen Familien reichlich. Nur eben nicht zwischen den Eltern.

■ Der Autor hat mit einer heterosexuellen Freundin einen dreijährigen Sohn. Weil dieser die Besonderheit seiner Familiensituation zuerst von seinen Eltern erfahren soll, dafür aber noch etwas jung ist, erscheint dieser Artikel ohne Namen