: Bilderverbot und Aufklärung
betr.: „Mit anderen Augen“, taz vom 14. 2. 06
Die These, das Bilderverbot der monotheistischen Religionen sei ein Instrument der Aufklärung, halte ich für gewagt. Mit der Identifizierung des Bilderverbots als Maßnahme zur Trennung von Weltlichem und Göttlichem wird diese Behauptung gestützt. Allerdings gibt es offenbar verschiedene Sichtweisen. Mit dem Argument der Gottesähnlichkeit des Menschen wird das Verbot teils ausgedehnt auf die Darstellung des Menschen, und damit ist diese Trennung hin. Fragwürdig ist für mich vor allem die Gleichsetzung der Installierung der „klare[n] Linie des einen Gottes“ mit der Aufklärung. Jan Assmann hat in seinen Monografien „Moses, der Ägypter“ und „Die Mosaische Unterscheidung“ den historischen Vorgang eindrucksvoll untersucht und dargelegt, welchen Preis die Menschheit für die Schaffung des „Absoluten“ und der „einen Wahrheit“ zahlt.
Was allerdings richtig ist, ist die Verbundenheit der christlich-abendländischen mit der islamischen Kultur. Die Verwurzelung unserer eigenen Kultur in der islamischen aufzudecken, und dies nicht nur in religiöser Hinsicht, sondern auch die Verknüpfungen in Literatur, Musik, Architektur, Mathematik, Astronomie (man weiß nicht, wo diese Liste enden soll) deutlich zu machen, ist gerade heute eine aufklärerische Tat. FRIEDEMANN SCHMIDT, Oldenburg