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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch

Die Vogelgrippe-Vorbereitung läuft regional recht unterschiedlich: Der Pharma-Standort NRW hat das Roche-Produkt „Tamiflu“ für 30 Prozent der Einwohner eingebunkert, andere Bundesländer gerade mal für 5 Prozent

Von WG
Wenn die Quoten im US-Fernsehen weiter mies bleiben, gibt es bei der nächsten Olympiade Dreierbob: Lenker, Bremser, Bordschütze

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wenn die Quoten im US-Fernsehen weiter mies bleiben, gibt es bei der nächsten Olympiade Dreierbob: Lenker, Bremser, Bordschütze.

Was wird besser in dieser?

Irgendwann wird Guantánamo für die Amis unhaltbar.

Angela Merkel ist nun bald hundert Tage im Amt – und führt immer noch auf der Beliebtheitsskala. Wie macht sie das, wo bleiben die Grausamkeiten?

Ein Teil Grausamkeiten hat sie geerbt und wartet nun ab, ob die Saat – Hartz IV etwa – aufgeht. Beim anderen Teil wartet sie ab, bis etwa Müntefering die Rentner schockt, Steinmeier für Rot-Grün Ohrfeigen abholt oder Steinbrück egal was nicht mehr bezahlen kann. In beiden Sätzen deutet das Verb „Abwarten“ auf ihre zentrale Führungstechnik. Deshalb muss der dritte Teil, „offensives Gestalten“, fehlen. Ihr Auftritt „freudloses Dienen“ korrespondiert auch äußerlich besser mit der freudlosen Lage als Schröders „Schnall dir gefälligst den Gürtel enger, während du mir eine Cohiba holst“.

Die Vogelgrippe hat jetzt Deutschland und die Talkshows erreicht. Land- und Verbraucherminister Seehofer fordert umgehend neue Kompetenzen für sein Ministerium. Ist das Virus auf den Menschen übergesprungen?

Schon drollig, dass der Pharma-Standort NRW für 30 Prozent der Einwohner das Roche-Produkt „Tamiflu“ eingebunkert hat, andere Bundesländer gerade mal für 5 Prozent. Aber sei’s drum – das Robert-Koch-Institut fordert Impfmittel für mindestens 20 Prozent der Bevölkerung vorzuhalten, und man muss ja nicht bei jedem Thema paranoide Verschwörungstheorien erfinden. Aber Roches Pochen auf den Patentschutz taugt zur Diskussion der Frage, ob auch in einem Notstand Profit vor Hilfe geht.

In der Türkei läuft höchst erfolgreich der Film „Tal der Wölfe“ – eine Art muslimischer Rambo-Streifen, voller antiwestlicher und antisemitischer Ressentiments. Gibt es eine Grenze: Wann soll man man solche Film verbieten?

Läuft ebenso erfolgreich auch im Dortmunder Multiplex, wo die Ticketverkäuferin dreimal stutzt, ob man wirklich in diesen türkischen Film mit Untertiteln wolle. Drinnen die türkische Community der Stadt, die in Anbetracht der Blutlachen auf der Leinwand die Kinder besser zu Hause gelassen hätte. Der Film predigt eine türkisch-arabische Teilung Iraks, nachdem es „diesem Land nie mehr so gut ging wie unter unseren Vorvätern“. Die miese Karikatur alles Kurdischen unterscheidet sich nicht von der Darstellung alles Jüdischen in NS-Filmen. Hingegen wird Antisemitismus weit unterschwelliger angespielt als schlicht offener Hass auf Bushs Amerika, was bei der offiziellen Patenrolle, die Bush für die Türkei in der EU spielt, bemerkenswert scheint. Das dumpfe Gut-Böse-Schema, der morbide US-Offizier, der die türkische Heldin zur Märtyrerin metzelt, für die die Rambos dann Rache nehmen – reines Hollywood, sehr amerikanisch. Vorteil Deutschland: Die Guten fahren alle BMW und Mercedes.

Kann man diesen Film auch als Fortsetzung des Karikaturen-Streits unter anderem Vorzeichen sehen?

Der skrupellose US-Offizier kniet vor einem Kruzifix und berichtet dem Herrn die Fortschritte seines Meuchelns für den Frieden.

Das Verfassungsgericht hat vergangene Woche verboten, Flugzeuge, die als Terrorwaffen eingesetzt werden, als letztes Mittel auch abzuschießen. Nicht wenige in der großen Koalition fordern jetzt eine Verfassungsänderung. Ist Karlsruhe so leicht auszuhebeln?

Das Gericht hat ausdrücklich, wenn auch nur in einer Anmerkung darauf hingewiesen, dass es nichts zu den strafrechtlichen Konsequenzen des Zuwiderhandelns im Notfall sagt. Heißt: Im übergesetzlichen Notstand wird es jemand auf sein Gewissen nehmen und dafür geradestehen müssen. Mal ab von Fragen wie „Liebe Terroristen, könnt ihr bitte noch eben über die Nordsee fliegen, damit ihr nach dem Abschuss nicht die Frankfurter Innenstadt verwüstet“ – es ist ein heillos konstruiertes Thema, mit dem die Union eine Verfassungsänderung herbeizwingen will. Der letzte Einsatz einer deutschen Armee gegen „Feinde im Inneren“ war der Bürgerkrieg an der Ruhr – Sozialdemokratische Befehlshaber jagten auch sozialdemokratische Soldaten auf sozialdemokratische Arbeiter. Anschließend war Weimar im Arsch, Hitler kam usw. Ich erwarte von der SPD hier notfalls den Koalitons-GAU.

Geht es nach dem Willen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, dann werden Bundeswehrsoldaten zum Schutz der Fußball-Weltmeisterschaft eingesetzt. Ein Auftrag für die Heimatfront?

Siehe oben: Die Armee hat im Inneren nichts zu suchen. Egal wie demagogisch die Beispiele konstruiert werden.

Und wie geht es Borussia Dortmund?

Braucht keine Soldaten im Stadion, ist auch so immer ausverkauft. FRAGEN: WG