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Archiv-Artikel

Die Quellen des Geldes

EINNAHMEN Trotz aller Steuersenkungsversprechen braucht auch die schwarz-gelbe Koalition mehr Geld

BERLIN taz | Zehn Milliarden Euro weniger Defizit pro Jahr von 2011 bis 2016 – das ist Schäubles Plan. Die Schuldenbremse, die im Grundgesetz steht, macht das notwendig. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen für die schwarz-gelbe Koalition, die am liebsten Steuern und Sozialabgaben senken würde.

Die Konjunktur alleine wird es nicht richten. Ein Prozent mehr Wachstum – 2,5 statt 1,5 Prozent – wäre schon viel, bringt aber trotzdem keine ausreichenden Zusatzeinahmen. Der Bund könnte dann etwa 6 Milliarden Euro pro Jahr mehr verbuchen – zu wenig, um die Absenkung der Neuverschuldung zu bezahlen.

Für ein bis zwei Jahre aus dem Schneider wäre die Regierung, wenn sie den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erhöhte. Derzeit liegt der Beitrag bei 2,8 Prozent. Ein Prozentpunkt mehr brächte rund 7,5 Milliarden Euro. Die Bundesagentur für Arbeit käme dann möglicherweise ohne Zuschüsse aus.

Einen weiteren Weg deutet Norbert Barthle an, der haushaltspolitische Sprecher der Union. „Eine Pkw-Maut könnte höhere Einnahmen bringen“, so Barthle, „diese müsste man aber teilweise durch Entlastungen bei der Kfz-Steuer kompensieren.“

Konkrete Pläne oder gar Zahlen sind den Regierungsparteien nicht zu entlocken, schon gar nicht vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Anfang Mai. Finanzminister Schäuble beantwortet alle Fragen mit dem Hinweis, jetzt verhandele man erst einmal über den Haushalt 2010. Alles andere komme später.

Die Opposition ist natürlich mutiger. SPD, Linke und Grüne haben jede Menge Vorschläge auf Lager, wie der Staat zu Geld kommen könnte. Die grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus regt beispielsweise an, eine Vermögensabgabe zu erheben, die dem Lastenausgleich der 1950er-Jahre ähnelte. Um die Integration der Kriegsflüchtlinge zu finanzieren, mussten damals alle Deutschen mit nennenswertem Besitz über zehn Jahre eine fünfprozentige Vermögensteuer unter anderem auf Immobilien zahlen. Je nach Ausgestaltung könnte diese Abgabe heutzutage einige Milliarden Euro pro Jahr erbringen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, umweltschädliche Steuererleichterungen zu streichen, etwa die Steuerbefreiung für Flugtreibstoff. Die Finanztransaktionssteuer auf Bankgeschäfte würde ebenso Milliarden bringen wie eine höhere Einkommensteuer für gut verdienende Bürger. Allen diesen Vorschlägen ist freilich gemeinsam, dass sie unter der gegenwärtigen Regierung keine großen Realisierungschancen haben. HANNES KOCH