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Archiv-Artikel

Konfliktfeld Hühner- schnäbel

FLEISCHBRANCHE

Von THA

Nach der Debatte um Mindestlöhne in Schlachthofbetrieben geht Niedersachsens rot-grüne Landesregierung das nächste potenzielle Konfliktthema mit der Fleischindustrie an: Am Montag stellt Agrarminister Christian Meyer (Grüne) die Konsequenzen für Niedersachsen aus seiner Österreich-Reise vor. Zwei Tage war er dort unterwegs, um sich über den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Legehennen zu informieren – ein Schritt, gegen den sich die heimische Geflügelwirtschaft heftig sträubt.

Bis Ende 2016 soll Schluss mit dem Schnabelkürzen sein, so sieht es der Tierschutzplan vor, auf den Weg gebracht noch von Meyers Amtsvorgänger Gert Lindemann (CDU). Als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gelten die Verstümmelungen schon längst, gängige Praxis sind sie nichtsdestotrotz – lange erteilten die Behörden Ausnahmegenehmigungen. Geht es nach dem Landesverband der Geflügelwirtschaft, führt daran auch kein Weg vorbei: Er nennt die Amputationen ab 50 Hühnern Bestand unausweichlich, sonst pickten die Hennen einander tot.

In Österreich verzichtet man dagegen seit Jahren auf die schmerzhafte Prozedur. Federpicken und Kannibalismus konnten die Geflügelbetriebe dort eindämmen, indem sie Stressfaktoren für die Tiere verringerten, proteinhaltigeres Futter einsetzen und Rassen züchten, die weniger zum Picken neigen. Schon 2011 kam Niedersachsens Landesamt für Verbraucherschutz nach einem Ausflug nach Österreich zu dem Schluss, dass Schnabelkürzen bei Hühnern unnötig sei. Dass Grünen-Agrarminister Meyer nach seiner Reise jetzt ein ähnliches Fazit verkünden wird, davon ist auszugehen.

So wie damit zu rechnen ist, dass die Fleischbranche darüber kaum erfreut sein dürfte. Die liegt mit Rot-Grün ohnehin im Clinch, seit unlängst die Gespräche mit Meyer und SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies über Löhne in der Schlachtindustrie scheiterten. Der Fleischgipfel platzte vergangene Woche nach Schilderung der Minister, weil sich Branchenvertreter statt auf einen Mindestlohn von 8,50 Euro nur auf einen „gefühlten Mindestlohn“ einlassen wollten. Branchenvertreter weisen diese Darstellung als verzerrt zurück: Nicht sie, sondern gerade der Wirtschaftsminister habe den Misserfolg provoziert.

Entsprechend bemüht sich das Agrarministerium jetzt, nicht auch in Sachen Schnabelkürzen gleich auf Konfrontation zu gehen. Am Termin für ein Amputationsverbot, den der Tierschutzplan vorsieht, solle keinesfalls gerüttelt werden, betont ein Sprecher. Ziel sei, dass es ab 2016 keine behördlichen Ausnahmegenehmigungen mehr gebe – auch wenn die weiter möglich sind.  THA