: So klappt’s auch…
... mit der Einrichtung
VON LISA ROKAHR (TEXT) ELÉONORE ROEDEL (ILLUSTRATION)
Die neue Wohnung mit mit ihren dunklen Dielen und kahlen Wänden, eher alt als altehrwürdig. Mit wenig Zeit, noch weniger Aufwand und am besten ohne die Dekoabteilung der schwedischen BILLYgbauer möchte ich daraus ein Zuhause machen. Helfen soll mir Bine Brändle, eine Frau, die öfter im Baumarkt shoppt als in Boutiquen. Sie bekam erst den Deutschen Heimwerker-Preis und dann eine eigene Einrichtungsshow, in der sie Eiche-Rustikal aufmöbelte und die Eckbank mit Blümchenpolster in eine Lounge verwandelte. Auch privat ist sie kreativ – renovierte alleine ihr Haus, flieste sogar eigenständig einen Pool. Nun soll die 37-Jährige mit den knallpinken Haaren mir helfen, meine frisch bezogene Wohnung aufzumotzen.
Bedarf besteht schon einen Meter nach Betreten des Apartments. Eine vergilbte Pinnwand hängt an der Wand, daran der Müllplan von 2011. Brändle erzählt, sie habe mal eine Collage aus Fotos gebastelt. Einfach mit buntem Klebeband einen Rahmen an die Wand geklebt, dann Fotos von ihren Kindern angepinnt. Wäre das nicht was? Klar, den Rahmen der Pinnwand kann ich noch benutzen. Kinder sind keine da, aber Zeitschriften. In einem Magazin finde ich eine Fotostrecke, die mir gefällt: Aufnahmen vollgestopfter Wohnungen von oben. Ich reiße die Seiten raus, hefte sie wild übereinander, bis sie den Rahmen der Pinnwand ausfüllen, fertig. Sieht aus wie ein Bild, nicht schlecht, guter Tipp. Nach dieser Aufwärmübung schaue ich mich weiter in der Wohnung um.
Größte potentielle Baustelle: die Einbauküche. Abgenutzt und dunkel, vermutlich so alt wie ich mit meinen 25 Jahren. Hat sich allerdings weniger gut gehalten. Angegraute, ehemals weiße Holzoptik, dunkelbraune Arbeitsplatte obendrauf. Ich vermute mal, dieser „Stil“ schafft es die nächsten zehn Jahre nicht mehr in die „Schöner Wohnen“. Bine Brändle hat eine gute Idee: Vintage. Retro. Oder „Shabby-Chic“ wie sie das nennt. Dabei bekommen jahrelang abgewohnte Möbel neue, künstliche Gebrauchsspuren. Dieser Trend funktioniert ja nicht nur bei Möbeln, sondern auch bei verwaschenen Jeans. „Bei unmodischen Küchen geht das ganz einfach“, erklärt Brändle, „den alten Lack grob abschleifen, Farbe drauf, und dann den neuen Lack über den Kanten wieder anschleifen.“ So entstehe ein romantisches Landhaus-Flair, das ginge „wirklich auch für Anfänger schnell“. Ich überlege, nötig hätte es die Küche schon. Aber das könnte ein Großeinsatz werden.
Ich entscheide mich stattdessen erst mal fürs Bilderaufhängen. Macht was her und nicht viel Arbeit. Ausgerechnet das findet Brändle jetzt aber nicht so reizvoll. „Schrecklich, da muss man vorher alles genau ausmessen, detailliert an die Wand zeichnen“, Fitzelarbeit. „Ich stelle Bilder stattdessen einfach auf den Boden und lehne sie an die Wand“, wirft sie ein. „Das ist auch sehr dekorativ.“ Finde ich bei einem metergroßen Acrylbild auch schön. Ich habe allerdings gerahmte Fotos, 13x18 Zentimeter. Die wirken auf dem Boden wahrscheinlich verloren, eher wie Unordnung als Kunst. Brändle sieht das ein, auch wenn sie selbst lieber kreativ als konventionell arbeitet. Wie viel Kreativität es tatsächlich benötigen kann, ein einfaches Bild aufzuhängen, merken wir schnell. Denn mein Werkzeug ist irgendwo, aber nicht beim Umzug mitgekommen. Gerade und ordentlich sollen die Bilderrahmen trotzdem hängen. Das sei wichtig, sagt die Einrichterin, denn Ordnung tue dem Auge gut: „Such nach optischen Kanten, nach Linien, die als Orientierung für die Höhe der Bilder dienen können.“
Ich wähle die Oberkante meines Schranks, verlängere sie gedanklich, und möchte auf die gleiche Höhe den obersten Rahmen hängen. Darunter in gerader Linie dann noch weitere Bilder. In Ermangelung eines Zollstocks krame ich in meinem Nähkästchen. Ein Maßband, noch nie zuvor benutzt, kommt jetzt zum Einsatz. Ich messe den Schrank, 164 Zentimeter, und zeichne auf gleicher Höhe ein Bleistiftkreuz für den Nagel. Aus Garn und Fingerhut bastle ich mir ein Lot, damit die Bilder gerade untereinander hängen. Brändle hatte Recht, das ist tatsächlich mehr Fitzelarbeit als erwartet. Jetzt fehlt nur noch eine Wasserwaage. „Dafür gibt’s eine App“, rät Brändle, selbst das Heimwerken ist also mittlerweile digitalisiert. Ein Hammer fehlt mir allerdings auch. Bine Brändle rät aber entschieden davon ab, mein Handy als „Hammer-Applikation“ zu missbrauchen. Am Ende tut’s dann eine Haarbürste. Allerdings nur einmal.