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Archiv-Artikel

Bischöfe wollen Missbrauch abstellen

ÖSTERREICH Bei ihrer Jahresversammlung äußern die katholischen Kirchenführer „Scham und Trauer“ über sexuelle Übergriffe auf Minderjährige. Die Skandale sollen künftig nicht mehr verschwiegen werden

WIEN taz | Die fleischliche Versuchung ist auch Geistlichen in Österreich nicht fremd. Oft begegnet sie ihnen in Gestalt von minderjährigen Schutzbefohlenen. Sexueller Missbrauch in der Kirche ist ein Dauerthema. Die bisherige Praxis, die Täter zu versetzen und Skandale unter der Decke zu halten, soll aber jetzt abgestellt werden, versprach die katholische Bischofskonferenz nach ihrer diesjährigen Vollversammlung, die gestern Mittag in St. Pölten zu Ende ging.

Der Vorsitzende Kardinal Christoph Schönborn fasste die Beratungen zusammen: „Mit Scham und Trauer stellen die Bischöfe fest, dass sich erst in den letzten Jahren in der Kirche in Österreich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bei Missbrauchsvorwürfen nichts anderes zählt als die Wahrheit, die allein frei macht.“

Vor 15 Jahren musste sich die Kirche mit Vorwürfen ehemaliger Zöglinge gegen Schönborns Vorgänger Kardinal Hans Hermann Groër auseinandersetzen. Groër selbst schwieg dazu und starb vor sieben Jahren ohne öffentliches Bekenntnis. Christoph Schönborn, der ihn 1998 als Erzbischof und Kardinal beerbte, und drei weitere Bischöfe erklärten aber, dass sie zur „moralischen Gewissheit“ gelangt wären, dass die Vorwürfe gegen Groër „im Wesentlichen zutreffen“.

Schönborn richtete dann auch eine Ombudsstelle für Missbrauchsopfer ein. Diese hatte allein im Vorjahr 17 Fälle in der Erzdiözese Wien zu prüfen, zwei betrafen die Diözese St. Pölten. Die diözesanen Ombudsstellen sollen jetzt österreichweit vernetzt, Männer- und Frauenorden in deren Arbeit offiziell eingebunden werden. Für sexuellen Missbrauch, so Schönborn gegenüber der Presse, könne es „nur Reue, die Bitte um Vergebung und das Bemühen um Heilung der Wunden“ geben. Dies gelte in besonderem Maß für die Kirche, an die zu Recht hohe ethische Ansprüche gestellt werden.

Gleichzeitig verwahrte er sich aber gegen „Pauschalverdächtigungen“ von Priestern und Mitarbeitern der Kirche. Denn die meisten Fälle trügen sich innerhalb der eigenen Familie zu.

Ralf Leonhard