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Archiv-Artikel

Wie der Richter, so der Knacki

Zwar gibt sich das offizielle Bremen zufrieden mit den Ergebnissen der Föderalismusreform, doch im Strafvollzug, beim Umweltschutz oder Hochschulbau drohe der Rückfall in die Kleinstaaterei des Mittelalters, sagen die Experten

Von mnz

Bremen taz ■ Im amtlichen Sprachgebrauch waren sich SPD und CDU noch einig. Man sei „zufrieden“ mit den Ergebnissen der Föderalismusreform, wurde verkündet, auch von Bürgermeister und Justizsenator Jens Böhrnsen (SPD). Doch schon sein Staatsrat Ulrich Mäurer sieht das anders, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wolfgang Grotheer, ebenso. Dass nicht mehr der Bund, sondern die Länder für den Strafvollzug zuständig sein sollen, sei ein „Rückschritt“, ein „Rückfall in die Kleinstaaterei“. Da sind sich Mäurer und Grotheer einig – auch mit dem grünen Justizpolitiker Jan Köhler: „Es wird nicht alles schlechter werden. Aber nichts besser“.

Wie gut oder schlecht Gefangene behandelt werden, dass könnte schon bald davon abhängen, wo sie die Tat verübt haben. Denn für die Haftbedingungen ist nicht mehr entscheidend, wo man einsitzt, sondern wo man verurteilt wurde. Und wer als BremerIn eine Haftstrafe von mehr als acht Jahren abzusitzen hat, landet schon heute nicht in Oslebshausen, sondern in Celle. Niedersachsen aber hat angekündigt, schon bald von den neuen Kompetenzen im Strafvollzug Gebrauch machen zu wollen, ebenso einige Südstaaten.

Köhler befürchtet einen „Dumpingwettbewerb“ bei den Haftbedingungen, und auch Elke Bahl vom Verein Bremische Straffälligenbetreuung sieht „nichts Gutes“ kommen. Denn die Länder dürfen künftig nicht nur über die Postzensur, die Vergütungen oder die Vollzugslockerungen selbst entscheiden, sondern auch unterschiedliche Disziplinierungsmaßnahmen erlassen. Sogar eine Privatisierung von Sicherheitsdienstleistungen hält Bahl für möglich.

Wenn Niedersachsen eigene Regelungen erlässt, könnte Bremen schon bald gezwungen sein, nachzuziehen. „Wir sind auf die Zusammenarbeit angewiesen“, sagt Grotheer. Und auch Mäurer richtet schon mal einen Appell an die Kollegen aus Niedersachsen und Hamburg: „Wir müssen zusammenbleiben“. Mäurer hat die neuen Kompetenzen nicht gewollt, Grotheer auch nicht.

Was für die Gefangenen aus Bremen gilt, dass könnte möglicherweise auch für die Richter gelten, schließlich soll auch die Beamtenbesoldung Ländersache werden. Und Bremen und Niedersachsen haben nicht nur gemeinsame Knäste, sondern gemeinsame Gerichte, wie das Landessozialgericht. Da könnten schon bald in einem Senat unterschiedlich bezahlte RichterInnen zusammensitzen. Mäurer mag sich das lieber noch nicht vorstellen. mnz