: Neuer Schutz für Ems, Trave, Weser und Elbe
Deutschland hat weitere 21 Naturschutzgebiete an die EU gemeldet. Doch damit ist die Natur noch nicht gerettet
BERLIN taz ■ Über zehn Jahre hat es gedauert, bis Deutschland die EU-Vorgaben beim Naturschutz erfüllt hat. Nun hat der Bund doch noch 21 Naturschutzgebiete nachgemeldet – kurz bevor die letzte Frist am Sonntag ablief.
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie fordert die EU-Staaten auf, alle Naturschutzregionen zu melden, in denen seltene oder vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzenarten heimisch sind. In Deutschland waren dafür die Bundesländer verantwortlich. „Einige Länder haben ihre Schutzgebiete lieber nicht gemeldet, weil sie vielleicht noch eine Autobahn bauen wollten“, sagt Claus Mayr vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Doch gebe es keinen Grund, wirtschaftliche Nachteile zu befürchten. „Die Richtlinie ist wohl missverstanden worden.“
Denn zunächst werden die Gebiete nur nach Brüssel gemeldet. Danach definieren die EU-Kommission und die Länder jene Gebiete, die ein zusammenhängendes ökologisches Netz, „Natura 2000“, bilden sollen. Diese Regionen werden dann nach dem nationalem Recht der Einzelstaaten geschützt. Erst in einem weiteren Schritt wird geprüft, wie die Infrastruktur künftig aussehen soll. „Damit ist die wirtschaftliche Entwicklung in den Naturschutzgebieten keinesfalls ausgeschlossen“, erklärt Mayr.
Insgesamt sind in Deutschland jetzt 5,3 Millionen Hektar, also rund 10 Prozent der Bundesfläche, als Nationalpark oder Naturschutzgebiet gemeldet. Der europäische Durchschnitt liegt bei 12 Prozent. Im Einzelnen handelt es sich um etwa 4.500 Regionen in Deutschland. Die jetzt nachgemeldeten 21 Gebiete waren der EU besonders wichtig. Gerade die Flussmündungen von Ems, Weser, Elbe und Trave gelten als Lebensraum für seltene und bedrohte Tierarten wie Fische und Muscheln.
Brüssel wartete schon seit 1995 darauf, dass Deutschland seine Naturschutzgebiete meldet. Wäre auch die letzte Frist verstrichen, hätte die Bundesrepublik täglich bis zu 900.000 Euro Strafe zahlen müssen. Zusätzlich wäre ein einmaliger Betrag in zweistelliger Millionenhöhe fällig geworden.
Einige Bundesländer – wie etwa Schleswig-Holstein – haben bereits angekündigt, dass sie auf Ausnahmeregelungen für ihre Naturgebiete hoffen. „Übergeordnete Interessen können immer noch dazu führen, dass Autobahnen durch Schutzgebiete gebaut oder Hafenanlagen ausgebaut werden“, sagt Mayr. „Deshalb sehen wir die Meldungen der Gebiete auch mit eher gemischten Gefühlen.“
MIRJAM MEINHARDT