: Juristen für mehr Risiko – und mehr Geld
In Deutschland sind Erfolgshonorare für Anwälte verboten. Eine Dresdner Anwältin klagt dagegen in Karlsruhe
FREIBURG taz ■ „No win, no fee“ – nach diesem Prinzip arbeiten US-Anwälte häufig. Nur bei einem Erfolg bekommen sie ein Honorar. Dann allerdings erhalten sie oft einen hohen Anteil der erstrittenen Summe. In Deutschland sind solche Erfolgshonorare aber noch verboten. Der Anwalt bekommt stets eine Vergütung, abgerechnet wird nach zeitlichem Aufwand und dem Wert der Streitsache. Bei einer Niederlage zahlt der eigene Mandant, bei einem Erfolg der Gegner.
Doch eine Anwältin aus Dresden hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie will das Verbot von Erfolgshonoraren zu Fall zu bringen. Die Anwältin hatte Ende der 90er-Jahre ein jüdisches Geschwisterpaar aus den USA vertreten. Sie erstritt die Rückgabe eines in der NS-Zeit enteigneten Grundstücks. Als Honorar erhielt sie ein Drittel des Grundstückswerts, knapp 90.000 Mark. Doch weil solche Honorare hier verboten sind, brummte ihr das Anwaltsgericht eine Geldbuße von 25.000 Euro auf. Die wurde zwar in der nächsten Instanz auf 5.000 Euro reduziert, doch die Anwältin ging nach Karlsruhe. Für sie ist das Verbot von Erfolgshonoraren eine unnötige Einschränkung ihrer Berufsfreiheit. Und da Karlsruhe zuletzt schon einige Vorschriften des strengen anwaltlichen Berufsrechts gekippt hat, gilt die Klage als durchaus aussichtsreich.
Konservative Berufsvertreter wie Michael Krenzler, Präsident der südbadischen Rechtsanwaltskammer, warnen bereits vor den Folgen einer Liberalisierung: „Wenn der Anwalt nur bei einem Erfolg bezahlt wird, besteht die Gefahr, dass er diesen Erfolg ohne Rücksicht auf die Sach- und Rechtslage anstreben wird.“ Zu Deutsch: Er könnte vor Gericht lügen und betrügen, nur um nicht leer auszugehen. Außerdem könnte er den Mandanten selbst bei sicheren Ansprüchen ein hohes Risiko vorgaukeln, um ein besonders hohes Erfolgshonorar auszuhandeln.
Doch solche Stimmen sind in der Anwaltschaft nicht mehr in der Mehrheit, wie sich jetzt bei einer Tagung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zeigte. „Auch wenn ein Erfolgshonorar vereinbart werden darf, hat der Anwalt natürlich integer, professionell und zuverlässig zu arbeiten“, betonte Christian Kirchberg, Vorsitzender des BRAK-Verfassungsrechtsausschusses. Im Übrigen wäre die Aushandlung von Erfolgshonoraren nur eine neue Möglichkeit, keine Pflicht, so der Karlsruher Advokat.
Beim Verfassungsgericht wird wohl am meisten interessieren, was ein Fallen des Verbots für die Mandanten bringt. „In manchen Fällen wird so der Weg zum Recht erst geöffnet“, ist sich Kirchberg sicher. Etwa im Fall der Dresdner Anwältin: „Die Mandanten aus den USA waren mittellos und konnten keinen Honorarvorschuss bezahlen. Nur die Vereinbarung eines Erfolgshonorars gab ihnen eine Chance, das Grundstück zurückzubekommen“, so Kirchberg. Sein Kontrahent Michael Krenzler warnt jedoch davor, einen Einzelfall überzubewerten. „Wer in Deutschland lebt, kann bei einer aussichtsreichen Klage Prozesskostenhilfe vom Staat beantragen. Auch für Mittellose ist der Weg zum Recht gesichert.“
Die Klage aus Dresden wird voraussichtlich in diesem Jahr entschieden. „Wahrscheinlich wird am Ende eine Teilliberalisierung stehen“, vermutet der Freiburger Anwalt Michael Kleine-Cosack, der die Dresdner Kollegin in Karlsruhe vertritt, „dann müsste ein Teil des Honorars auf jeden Fall bezahlt werden, damit der Anwalt nicht völlig leer ausgeht, und dazu dürften dann erfolgsbezogene Zusatzgebühren kommen.“ CHRISTIAN RATH