: Nächste Eurokrise verschoben
PORTUGAL Die Regierung in Lissabon löst sich doch nicht auf. Die Märkte waren wie immer: nervös
LISSABON dpa/rtr | Die Regierung des Eurolandes Portugal hat zur Überwindung der schweren Koalitionskrise völlig überraschend einen „Superminister“ ernannt. Der bisherige Außenminister Paulo Portas, der erst vor ein paar Tagen aus Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik seinen Hut genommen hatte, solle in seinem neuen Amt als stellvertretender Regierungschef die Wirtschaftspolitik lenken, verkündete Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Samstagabend. Zudem soll Portas die Beziehungen zu den internationalen Geldgebern pflegen.
Die Krise hatte an den Märkten für Unruhe gesorgt wegen der Befürchtung, dass Neuwahlen die Sparanstrengungen verzögern könnten. Die US-Ratingagentur S&P hatte ihren Ausblick für portugiesische Staatsanleihen auf „negativ“ von „stabil“ zurückgenommen. Die Anleihen sind derzeit mit der Bewertung BB eingestuft. Zugleich stiegen auch die Zinsen für andere Euroländer wie Griechenland oder Spanien wieder an. Mit der Entwicklung in Portugal dürften sich auch die Finanzminister der Eurozone bei ihrem Treffen am Montag befassen.
Portugal war durch dem Rücktritt der beiden wichtigsten Minister in eine schwere Krise geraten. Nach dem Rücktritt von Finanzminister Vítor Gaspar zu Wochenbeginn hatte auch CDS-Chef Portas zunächst sein Amt zur Verfügung gestellt.
Gewerkschaften und Opposition forderten erneut Neuwahlen. Tausende Menschen versammelten in der Nähe des Präsidentenpalasts in Lissabon. „Die Regierung will keine Neuwahlen, weil sie weiß, dass sie wegen der Verarmungspolitik an den Urnen bestraft werden würde“, sagte Gewerkschaftsboss Arménio Carlos in seiner Rede. Die Krise brach in Portugal in einer Phase aus, in der das Land neue Einsparungen beschließen musste, um die Vorgaben der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) erfüllen zu können. Als Gegenleistung für das 2011 gewährte 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket verpflichtete sich Portugal zu einem strengen Sparkurs. Die Arbeitslosenquote kletterte auf das Rekordniveau von mehr als 18 Prozent. Das ärmste Land Westeuropas steuert auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.