: Wer verletzt hier wessen Würde?
KODEX Der Presserat rügt das Satiremagazin „Titanic“. Dessen Redaktion rügt zurück
Vor 13 Jahren passierte es das erste Mal. Nun hat der Deutsche Presserat das Satiremagazin Titanic in einer Presseaussendung zum zweiten Mal wegen Verstoßes gegen die Menschenwürde öffentlich gerügt. Anlass waren drei Onlinecartoons zum Suizid von Fußballer Robert Enke. Auf einem wird ein Lokführer mit den Worten „Ich habe Enke überlistet!“ zitiert. Der Kern der Satire sei für den Presserat hier nicht erkennbar, so der Presserat. Das reine Spiel mit den Gefühlen der Angehörigen und Bahnführer ist für den Presserat keine zulässige Satire.
Der deutsche Fußballnationaltorwart Enke hatte sich 2009 das Leben genommen, indem er vor einen Zug sprang. In den Wochen nach seinem Tod waren die deutschen Medien bestimmt von nationaler Trauer, sein Begräbnis wurde von fünf Fernsehstationen übertragen. Für Leo Fischer, Chefredakteur von Titanic, auch der Aufhänger für die Satire: „Dieser unschöne Selbstmord wurde grotesk und barock zelebriert.“
In einer Pressemitteilung kritisierte Titanic nun die Rüge durch den Presserat. Dieser habe die Würde von Titanic als Satiremagazin verletzt, um sich auf Kosten der prominenten Tragödie zu profilieren und seine Bekanntheit zu steigern. Der sachliche Kern der Satire sei erkennbar: „Wir kritisieren in diesen Cartoons den Leistungsdruck bei der Deutschen Bahn, welcher ein Innehalten und Bremsen nicht mehr einkalkuliert“, so der Titanic-Chefredakteur.
Ella Wassink vom Deutschen Presserat hat mit einer solchen Reaktion gerechnet: „Auf unser Anfragen erhielten wir nie Begründungen von Titanic. Diese Kritik am fehlenden Innehalten der Deutschen Bahn ist erst mal nicht erkennbar. Und auch Satire hat ihre Grenzen, wenn die Würde eines Menschen, der sich aus Verzweiflung das Leben genommen hat, zum Witz wird.“ JUH