ULRIKE HERRMANN ÜBER ZAHLENSPIELE DES INSTITUTS DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT : Wie man Statistiken manipuliert
Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, lautet ein beliebtes Bonmot. Ein Musterbeispiel, wie sich mit Zahlen nahezu alles beweisen lässt, bietet die neueste Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die wirtschaftsnahen IW-Ökonomen hatten sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollten unbedingt beweisen, dass die Agenda 2010 keine Vollzeitstellen vernichtet – sondern dass die vielen neuen „Billigjobs“ eine echte Chance für Geringverdiener und Langzeitarbeitslose sind. Untermauert werden sollte die Botschaft, dass es sich nicht nur für die Unternehmer lohnt, wenn die Löhne sinken.
Wie kreativ die IW-Ökonomen werden mussten, zeigt eine schlichte Zahlenreihe des Statistischen Bundesamtes. Im Jahr 2000 gab es 23,9 Millionen sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen, 2008 waren es nur noch 22,4 Millionen. Macht einen Schwund von 1,5 Millionen – was den Trend präzise beschreibt, weil 2000 und 2008 jeweils der Gipfel der Hochkonjunktur erreicht wurde.
Dieser rasante Schwund an Vollzeitstellen passt jedoch nicht zum Erkenntnisinteresse der wirtschaftsnahen IW-Forscher. Also haben sie lieber eigene Daten generiert. Besonders ingeniös ist die Idee, die Vollzeitstellen ins Verhältnis zu den Erwerbsfähigen zwischen 14 und 65 Jahren zu setzen. Denn auch die Zahl der Erwerbsfähigen sinkt inzwischen, so dass für das IW dann herauskommt, was herauskommen soll – nämlich dass Vollzeitstellen angeblich konstant bleiben.
Was das IW natürlich nicht erwähnt: Die Alterskohorten schrumpfen keineswegs gleichmäßig. Der Schwund findet bisher allein bei den Alten über 60 und den Jugendlichen unter 18 statt, die sich nur unterdurchschnittlich am Erwerbsleben beteiligen. Die Zahl der 18- bis 60-Jährigen ist seit dem Jahr 2000 sogar gestiegen. Mehr Arbeitswillige müssen also um weniger Vollzeitstellen konkurrieren.
Zu kompliziert? Das ist doch das Schöne für alle, die die Zahlen für ihre Zwecke manipulieren wollen.
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