: SPD leidet voller Eigenlob
Während die Fraktionschefs von SPD und Union ihre 100-Tage-Bilanz preisen, rutschen die Umfragewerte für die SPD auf 28 Prozent. Selbst Parteichef Platzeck unzufrieden
BERLIN dpa ■ Union und SPD haben zur allergrößten allgemeinen Überraschung eine positive 100-Tage-Bilanz ihres Regierungsbündnisses gezogen und Einigungswillen zu weiteren Reformen bekundet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Fraktionschefs von CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Peter Struck, sprachen gestern übereinstimmend von einem „guten Arbeitsklima“ in der Koalition. Die neue Regierung ist am 1. März 100 Tage im Amt.
Kauder und Struck zählten auf, was sie bereits auf den Weg gebracht hätten: Die Bekämpfung des Steuermissbrauchs, das 25-Milliarden-Euro Wachstumspaket und die Föderalismusreform. Zur absehbar strittigen Gesundheitsreform, die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) unbedingt bis zu den Landtagswahlen Ende März unter Verschluss halten will, wurde ein „dritter Weg“ angekündigt.
Kauder sagte, „die Menschen sind angetan vom Stil dieser Regierung.“ Struck betonte, in einer parlamentarischen Demokratie sollte es trotz aller Zustimmung ein „Ausnahmefall bleiben, dass 70 Prozent des Parlaments gemeinsam die Regierung stellen“. Nach 2009 könne er sich auch wieder andere Regierungskonstellationen vorstellen. Als „Nagelprobe“ für das Funktionieren der Koalition bezeichnete Struck den Haushalt 2007. Dann werde sich zeigen, ob die Partner die Kraft zur Subventionskürzung hätten.
Nach einer aktuellen Umfrage sind die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD in der Wählergunst leicht um jeweils einen Prozentpunkt gesunken. Die Union kam auf 39 Prozent und geriet damit wieder unter die 40- Prozent-Marke. Die SPD erreichte 28 Prozent, ergab die wöchentliche Forsa-Umfrage von Stern und RTL bei 2500 Bürgern. Dagegen konnten sich FDP mit 10 Prozent und die Linkspartei mit 9 Prozent etwas erholen und im Vergleich zur Vorwoche je einen Punkt zulegen. Die Zustimmung für die Grünen blieb konstant bei 9 Prozent.
Könnten die Bürger den Bundeskanzler direkt wählen, würden derzeit 53 Prozent für Merkel (CDU) stimmen und nur 23 Prozent für den SPD-Chef Platzeck. Der erklärte gestern, die SPD sei mit den Umfragewerten „alles andere als zufrieden.“ Aber entscheidend seien die Ergebnisse der Landtagswahlen am 26. März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. „Danach wird man wissen, was nur Stimmung und was Realität ist“, meinte Platzeck.
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