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Archiv-Artikel

Opposition streitet über BND-Affäre

Noch immer quälen sich Linkspartei, Grüne und FDP mit der Entscheidung über einen Bundestags-Untersuchungsausschuss. Die einen drängen, die anderen beraten, die dritten vertagen sich. Das Regierungslager lehnt sich derweil entspannt zurück

AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Jetzt braucht sich die Bundesregierung nur noch zurückzulehnen. Denn die Opposition begann gestern erneut damit, sich darüber zu bekriegen, wer wann einen Untersuchungsausschuss zur Geheimdienstaffäre fordert und wer nicht. Damit es einen Ausschuss gibt, müssen 25 Prozent des Bundestags dafür sein. Dazu braucht es alle drei Oppositionsfraktionen.

Für die Linksfraktion erklärte der Rechtsexperte Wolfgang Neskovic, die FDP befinde sich offenbar auf dem Rückzug, wenn sie sich erst am 7. März entscheiden wolle. „Sie droht ihrer alten Linie als Umfallerpartei treu zu bleiben.“ Das passe zu Spekulationen, dass es einen „Deal“ zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle gebe, einen Ausschuss zu verhindern.

Die Linksfraktion jedenfalls fordere weiter eine Untersuchung. Die Aufklärung im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), dem Neskovic auch angehört, „kann gar nicht die nötige Tiefe erreichen“. Schließlich bestimme im PKG die Regierung selbst, welche Informationen sie bereitstelle. Das sei absurd. Er könne auch „nicht erkennen, auf welcher Grundlage die Grünen jetzt noch von einem U-Ausschuss abrücken sollten“, sagte Neskovic. Die „mutige“ Bewertung des grünen PKG-Mitglieds Christian Ströbele enthalte lauter Fragen, die nur dort geklärt werden könnten.

Am Montag hatte die Bundesregierung dem PKG ihren Bericht zur Frage vorgelegt, inwiefern deutsche Geheimdienste in den Kampf der USA gegen den Terror und insbesondere in den Irakkrieg 2003 involviert waren. Darüber beriet das PKG am Mittwoch und gab gestern dann zwei grundverschiedene schriftliche Bewertungen heraus.

Die großkoalitionäre PKG-Mehrheit findet alles in Ordnung – einmal abgesehen davon, dass die Bundesregierung das Kontrollgremium ruhig früher darüber hätte unterrichten können, dass BND-Mitarbeiter in Bagdad waren. Dies nämlich musste die gesamte Öffentlichkeit inklusive PKG Mitte Januar der Zeitung entnehmen. Einen Widerspruch zur Antikriegslinie der ehemaligen Bundesregierung erkennen Union und SPD aber nicht. „Der Vorwurf einer Beteiligung von BND-Mitarbeitern an operativen Kriegshandlungen im Irak“ entbehre „jeglicher Grundlage“.

Ströbele dagegen kam zu einer eigenen Bewertung. Er stellt fest, dass die BND-Mitarbeiter „auch eindeutig militärische Objekte schriftlich und mündlich gemeldet“ hätten, „die als Ziele für Bomben- und Raketenangriffe in Betracht kamen“. Hiervon habe aber weder die BND-Spitze noch die Bundesregierung etwas gewusst. Der Grüne bestreitet außerdem, dass die Verhöre von Terrorverdächtigen in Syrien und in Guantánamo zu rechtfertigen waren und dass daraus bereits die nötigen Konsequenzen gezogen wurden.

Die Grünen wollten sich gestern Nachmittag treffen, um über die Forderung nach einem Ausschuss zu beraten. Bis Redaktionsschluss lagen zwar die Bewertungen, nicht aber der rund 300-seitige Regierungsbericht selbst vor, da der in der Datenschutzprüfung festhing. Eigentlich wollten ihn aber alle Zuständigen erst lesen, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler, der für seine Fraktion im PKG sitzt, wusste von einem Deal zwischen Westerwelle und Merkel zwecks Verhinderung eines Ausschusses gestern „nicht ein Jota“. Neskovic sehe Gespenster. Es sei doch klar, dass die Fraktion über Karneval nicht zusammenzutrommeln sei. Deshalb sei der 7. März ein geeigneter Termin zur Entscheidungsfindung. „Das läuft uns doch nicht davon“, sagte Stadler.