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Archiv-Artikel

„Trost fürs Scheitern“

JETZT MAL IM ERNST … Michael Mary: Können wir von Politikerlieben lernen? Ja, sagt der Berater. Sie beruhigen

Michael Mary

■ 60, ist seit fast 30 Jahren Berater für Einzelpersonen und Paare. Er hat viele Sachbücher geschrieben, darunter Bestseller wie „Mythos Liebe“. Zuletzt erschien „Ab auf die Couch“ im Blessing Verlag. Mary lebt in Hamburg.michaelmary.de

INTERVIEW ANJA MAIER

sonntaz: Herr Mary, wir haben die Münteferings, die Schröders, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Was fasziniert die Öffentlichkeit so sehr an Politikerpaaren?

Michael Mary: Es ist immer faszinierend, öffentliche Personen im Hinblick darauf zu beobachten, ob sie Ideale leben können oder nicht. Wenn es so scheint, spricht man bezeichnenderweise von Traumpaaren. Wenn der schöne Traum dann platzt, findet man Trost für das eigene Scheitern.

Die Genannten haben ihre Liebe öffentlich gemacht. Finden Sie das richtig so?

Warum sollten sie ihren Partner verleugnen? Das würde kein gutes Bild abgeben. Wer sich allerdings in der Öffentlichkeit anbiedert und Kapital aus einer Beziehung schlagen will – man denke nur an an Rudolf Scharping –, liefert sich schnell dem Spott aus. Was aber innerhalb einer Beziehung passiert, ist privat und sollte es bleiben.

Andere Machtpaare halten ihre Beziehungen so lange es geht geheim. Wovor fürchten die sich?

Öffentliche Personen fürchten sich vor allem, was ihrem Bild – oder Neudeutsch: Image – schaden könnte. Jede Beschädigung wirkt sich aus, entweder auf die Wählerstimmen oder den Marktwert.

Wie wirkt sich der Druck der öffentlichen Beobachtung grundsätzlich auf Beziehungen aus?

Die Betreffenden wissen, dass sie beobachtet werden. Sie beobachten sich quasi dabei, beobachtet zu werden und stellen sich entsprechend darauf ein. Das kann zu einer Art „vorauseilender Anpassung“ werden. Allerdings passt man sich dann an seine eigenen Befürchtungen an und reagiert nicht unbedingt passend auf das Verhalten der Zuschauer.

Wie bringt man als Paar private Nähe in Einklang mit professioneller – in diesem Fall politischer – Nähe?

Ich weiß nicht, ob das im Einklang miteinander sein muss. Man kann ja auch jemanden lieben, der nicht der gleichen Meinung ist. Wenn die Unterschiede hinsichtlich bestimmter politischer Themen respektiert werden, muss die Liebe nicht darunter leiden.

Wie können diese Paare dem Eindruck entgegenwirken, sie machten Politik am Küchentisch und bräuchten ihre Genossen nur mehr zum Abnicken?

Indem die beiden sich in der Öffentlichkeit als eigenständige Personen darstellen.

Trügt der Eindruck, dass bei heterosexuellen Paaren die öffentliche Häme eher die Frauen trifft? Warum ist das so?

Ich weiß nicht, ob dieser Eindruck stimmt. Ich glaube, es werden diejenigen mehr von Häme getroffen, die einen schwächeren Stand haben, weil man diesen eben unterstellt, sie wollten an der Macht des anderen teilhaben.

Auch Politikerlieben erleben Krisen. Was raten Sie: die Trennung öffentlich machen oder nicht?

Ich rate grundsätzlich nichts, weil jeder anders gestrickt ist und seinen eigenen Umgang mit Themen hat. Den gilt es zu finden. Allerdings frage ich mich, wie eine öffentliche Person eine Trennung auf Dauer geheim halten will. Aus der Trennung Kapital schlagen zu wollen, etwa indem man den Partner schlecht dastehen lässt, geht allerdings nach hinten los.