: Bei Abbruch abfedern
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann vor kritischen finanziellen Engpässen schützen. Je früher sie abgeschlossen wird, desto günstiger sind die Beiträge. Die Beitragshöhe variiert beträchtlich
VON LARS KLAASSEN
Nicht mehr arbeiten müssen, das ist ein Traum von vielen. Nicht mehr arbeiten können, das kann zum Albtraum werden. Neben eingeschränkten Handlungsspielräumen wird vor allem der finanzielle Rahmen in vielen Fällen bedrückend eng – wenn die Betroffenen nicht gegen Berufsunfähigkeit versichert sind. Was viele nicht wissen: 2002 ist die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente für alle abgeschafft worden, die ab 1961 geboren sind. Vor allem jüngere Menschen mit guter Ausbildung und gut bezahltem Job haben also viel zu verlieren, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf aufgeben müssen.
Eine staatliche Erwerbsminderungsrente steht diesen Jahrgängen nur dann zu, wenn sie zu wirklich gar keiner Arbeit mehr in der Lage sind. Jede Tätigkeit gilt als zumutbar, Qualifikation spielt keine Rolle. Und selbst wer Rentenansprüche geltend machen kann, sollte sich auf bescheidene Zeiten einrichten: Die volle Erwerbsminderungsrente erhält nur, wer nicht einmal drei Stunden täglich arbeiten kann – und beträgt dann 700 Euro im Monat. Wer noch zu ein wenig mehr in der Lage ist, erhält die Hälfte.
Hinzu kommt, dass diese Rente seit 2005 steuerlich wie die normale gesetzliche Rentenversicherung behandelt wird. Wie hoch die Abgaben sind, hängt vom Jahr der ersten Zahlung ab. Wer bis Ende des vergangenen Jahres die erste Erwerbsminderungsrente erhielt, muss 50 Prozent versteuern. In diesem Jahr stieg der Anteil auf 52 Prozent. Bis 2040 soll der Anteil 100 Prozent erreichen.
Die private Berufsunfähigkeitsrente orientiert sich – anders als die staatliche – an der Ertragsanteilbesteuerung, die von der Laufzeit der Rente abhängt. Diese ist in der Regel günstiger.
Auch wer Arbeitslosengeld II erhält, steht sich mit der privaten Rente günstiger. Die staatlichen Zahlungen werden zwar mit den Einkünften verrechnet. In den meisten Fällen liegen die Beträge aus der privaten Versicherung höher. Außerdem müssen privat Versicherte im Gegensatz zu Beziehern staatlicher Leistungen nicht ihr Vermögen verbrauchen, bevor sie soziale Unterstützung erhalten. Doch auch die private Berufsunfähigkeitsversicherung hat schon zu Beginn einen Haken: Es ist gar nicht so leicht, eine zu bekommen. Leserumfragen und Stichproben haben laut Stiftung Warentest ergeben, dass Antragsteller den Versicherern oft als „zu krank“ erscheinen. Ein Heuschnupfen oder der Besuch beim Psychotherapeuten habe für diese Einschätzung in einigen Fällen bereits den Ausschlag gegeben. Auch auf den Beruf kommt es an: Je gefährlicher er eingestuft wird, desto schwieriger wird es, einen Abschluss zu machen – oder zumindest die Beiträge werden umso teurer. „Musiker und Schauspieler werden oft von vornherein abgelehnt“, benannte FinanzTest in seiner Ausgabe 7/2005 nur zwei Beispiele. Dennoch raten die Tester jedem, wenigstens einige Versuche zu wagen.
Billig wird das Ganze allerdings auf keinen Fall: Von 430 bis 1.650 Euro Jahresbeitrag spannen sich die Kosten der von Stiftung Warentest inspizierten Angebote. Dafür haben die Tester eine monatliche Rentenzahlung von 1.000 Euro zugrunde gelegt; Vertragsbeginn der Versicherung im Alter von 30 Jahren und eine Rentenzahlung im Fall der Fälle bis zum Alter von 65. Im Todesfall würden 50.000 Euro ausgezahlt. Die meisten Versicherer staffeln ihre Beiträge in vier Berufsgruppen, nach Risiko geordnet. Zwischen Steuerberatern in Gruppe 1 und Schornsteinfegern in Gruppe 4 klaffen die Beiträge weit auseinander.
Neben solchen offenkundigen Differenzen verbergen sich in den Verträgen eine Reihe weiterer Tücken. „Wichtigstes Kriterium ist der Verzicht auf die so genannte abstrakte Verweisung“, warnt Warentest. Das heißt: Mit solch einem Verweisungsverzicht verzichtet der Versicherer seinem Kunden gegenüber explizit darauf, Rentenzahlungen zu verweigern, weil der Kunde trotz Beeinträchtigung noch in irgendeinem anderen Job arbeiten könnte. Grundsätzlich sollte der zuletzt ausgeübte Beruf Maßstab sein, wenn die Berufsunfähigkeit geprüft wird. Eine entscheidende Frage ist auch, wie lang der Kunde laut Vertrag nicht arbeitsfähig sein muss, bis ihm die Berufsunfähigkeit anerkannt wird. Früher galten häufig drei Jahre als Grenze. Die Stiftung Warentest wertete sechs Monate als angemessen.