LESERINNENBRIEFE
: LESERINNENBRIEFE

Nichts als Lippenbekenntnisse

■ betr.: „Ich kann das nicht beantworten“, taz.de vom 9. 7. 13

Seit wann werden Regeln oder auch internationale Verträge, die die sogenannte Erste Welt (oder auch speziell die USA) anderen aufzwingt, auch im eigenen Land eingehalten? Schön zu sehen ist es nicht nur bei der Terror-Abwehr (welche Terroristen sprechen sich per Smartphone oder Laptop ab? Eher schicken die Brieftauben oder Vertrauenspersonen zu Fuß zum anderen), sondern auch beim Freihandel. Er soll international gefördert werden, aber die sogenannte Erste Welt handelt protektionistisch und schützt die eigenen Firmen. Oder schauen Sie sich das Kuba-Embargo an. Angeblich, weil Kuba die Existenz der USA bedroht. Ich lach mich darüber schlapp. All diese Worte sind nichts als Lippenbekenntnisse. Warum sollte es bei den Geheimdiensten anders sein? Alle, die nicht zu den Reichen und Mächtigen der Welt gehören, stellen für ebendiese eine potentielle Gefahr dar und müssen abgehört werden. Wenn nicht mehr die Interessen der Mächtigen bedient werden würden, wäre dies das Ende der derzeit betriebenen Demokratieform, die den Reichen dient und die Armen schröpft, ihnen aber einredet, alles geschehe zu ihrem Wohl. MARCO DETTE

Informations-Tsunami per Internet

■ betr.: „Die digitale Unterwerfung“, taz vom 8. 7. 13

Mit dem Hinweis auf die „hundert Blogs und tausend Foren“, in denen viele Menschen sich heute (digital) bewegen, hat der Autor einen wichtigen Hinweis für den schwachen Protest bezüglich des Themas der Datenausspähung gegeben. Ich denke, ein Problem der scheinbaren Lähmung ist die Art der heutigen Informationsbeschaffung. Über das Internet findet ein permanenter Informations-Tsunami statt, welcher nicht verarbeitet werden kann. Da passiert es schnell, dass wichtige Nachrichten nicht mehr von trivialen Vorgängen getrennt werden können. Dies trägt erheblich dazu bei, dass ein Großteil der Menschen die Bedeutung selbst von monströsesten Ereignissen und Enthüllungen – welche sie zusätzlich noch direkt selbst betreffen wohlgemerkt – nicht verarbeiten und einordnen können. Ich bin mir in psychologischer Hinsicht nicht sicher, ob die fehlende Empörung über die Datensammlung der westlichen Staaten auch eine Frage der Haptik ist.

Man stelle sich den Aufschrei vor, den es geben würde, wenn herauskäme, dass ein ein Staat Briefe öffnet und den Inhalt abfotografiert – und nicht nur den Umschlag wie es die gängige Praxis ist. Die Informationen die über das Internet zu einer Person gelangen, ebenso wie die Informationen die eine Person via Internet über sich selbst preisgibt, haben quantitativ wie qualitativ ein solch hohes Maß erreicht, dass eine adäquate Verarbeitung schwer möglich erscheint. Was der Einzelne im privaten nicht zu bewältigen mag, scheint somit der staatlichen Bürokratie überlassen zu werden. MARKUS MÜLLER, Stuttgart

Das Thema ist noch zu unspektakulär

■ betr.: Die digitale Unterwerfung“, taz.de vom 7. 7. 13

„Epoche der digitalen Unterwerfung“ … eine sehr treffende Umschreibung dessen, was da gerade passiert bzw. nicht passiert. Ein Grund für dieses Phänomen dürfte die Tatsache sein, dass wir zwar alle von #NSA, #Prism und #tempora betroffen sind, es aber nicht unmittelbar zu spüren bekommen. Unmittelbare Betroffenheit tritt erst ein, wenn einem z. B. aufgrund kritischer Äußerungen in eigentlich dem Postgeheimnis unterliegenden Emails die Einreise in die USA verweigert wird. Parallelen in der analogen Welt: Wenn z. B. Raucher eine rationale Einsicht in das mit dem Rauchen verbundene Gesundheitsrisiko hätten, würden sie sofort damit aufhören, statt auf Krebs oder andere Beeinträchtigungen zu warten und erst dann zu realisieren, wie betroffen sie konkret sind. Trotz der von Snowden aufgedeckten „Erscheinungen“, werden sich Internet-Nutzer erstrangig auf die Errungenschaften des Nutzens konzentrieren und sie intensiv ausleben wollen. Das ist eine Art Überlebensmechanismus, weil man auf das Internet bereits angewiesen ist, sich aus der Nutzung nicht einfach verabschieden kann, und kritische Äußerungen aufgrund der kritisierten Überwachungsmaßnahmen irgendwann gegen einen verwendet werden könnten. Man müsste der schweigenden Mehrheit also ihre digitale Betroffenheit klar machen, um daran etwas zu ändern, aber für einen derartigen #Aufschrei ist das Thema (noch) zu unspektakulär. MIKKI, taz.de