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Archiv-Artikel

Atommeiler Biblis A muss wohl 2008 vom Netz

SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel kann RWE-Antrag auf Laufzeitverlängerung mit guten Gründen ablehnen

FREIBURG taz ■ RWE hat wenig Chancen auf Erfolg: Vorgestern kündigte der Energiekonzern an, dass er eine Laufzeitverlängerung für das AKW Biblis A beantragen werde (siehe taz von gestern). Doch das Atomgesetz lässt Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Spielraum, den er voraussichtlich nicht im Sinne des AKW-Betreibers nutzen wird.

Nach dem rot-grünen Atomkonsens sind die Reststrommengen aller deutschen Atomkraftwerke festgeschrieben. Für das 1974 gebaute AKW Biblis A ergibt sich daraus eine Restlaufzeit bis 2008. Zwar lässt das Atomgesetz zu, dass Elektrizitätsmengen zwischen den Reaktoren übertragen werden. Allerdings ist dies eigentlich nur für Laufzeiten von älteren AKWs vorgesehen, die neuen Meilern zugerechnet werden dürfen. Denn es wird unterstellt, dass neuere AKWs sicherer sind als ältere.

Biblis A ist das älteste Kernkraftwerk von RWE. Die drei anderen Reaktoren Biblis B (1976), Gundremmingen (1984) und Lingen/Emsland (1988) gingen später ans Netz. Ausnahmsweise ist es zwar auch möglich, Strommengen von einem neueren auf ein älteres AKW zu übertragen. Diese Ausnahme muss aber laut Gesetz vom Bundesumweltministerium genehmigt werden. Außerdem müssen das Wirtschaftsministerium und das Kanzleramt der Genehmigung zustimmen. Eine Ablehnung kann Umweltminister Sigmar Gabriel auch allein erklären.

Wie das Umweltministerium angekündigt hat, will es sich am Sinn des Gesetzes ausrichten, die Risiken durch die Kernenergieerzeugung möglichst zu reduzieren. Eine Übertragung von Strommengen auf Biblis A würde demnach nur genehmigt, wenn RWE nachweist, dass Biblis A ähnlich sicher ist wie die jüngeren Reaktoren. Das dürfte RWE kaum gelingen. Immerhin hat schon der Gesetzgeber Biblis A als relativ unsicher eingestuft, denn das Atomgesetz verbietet ausdrücklich, dass die Strommengen des nie ans Netz gegangenen AKWs Mülheim-Kärlich auf Biblis A übertragen werden. Gegen eine abgelehnte Laufzeitverlängerung für Biblis A könnte RWE zwar klagen, hätte aber rechtlich kaum Erfolgschancen.

Auch RWE-Sprecher Lothar Lambertz erklärte gestern nur: „Biblis A ist eine Anlage auf höchstem internationalen Niveau.“ Dass das Alt-AKW so sicher sei wie die später gebauten AKWs Gundremmingen oder Lingen, wollte er auch auf Nachfrage nicht behaupten.

Das Kalkül des Konzerns ist klar: Man will das Abschalten des ersten RWE-AKWs so lange wie möglich hinausschieben, in der Hoffnung, dass zwischenzeitlich der Atomausstieg auf politischem Wege doch noch gekippt wird. Auch der süddeutsche Betreiber EnBW überlegt, eine Laufzeitenübertragung für sein AKW Neckarwestheim I zu beantragen, dessen Restlaufzeit voraussichtlich 2009 abgelaufen ist. CHRISTIAN RATH