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Archiv-Artikel

Kein gutes Haar dran gelassen

POLITISCHE BILANZ Gegenseitige Blockade attestiert: SPD-Opposition nimmt nach zwei Jahren Schwarz-Grün die Innen- und Justizpolitik des Senats aufs Korn

Verfehlt und zu langsam

In vielen Bereichen gibt es laut der SPD Defizite, oder es hakt bei der Umsetzung. Zwei Beispiele:

■ Datenschutz: In den CDU-geführten Behörden für Soziales, Familie und Gesundheit, für Wirtschaft, für Finanzen sowie für Inneres gibt es bis heute keine Datenschutzbeauftragen. Das moniert auch Hamburgs oberster Datenschützer Johannes Caspar.

■ Feuerwehr: Dieser Bereich ist im Koalitionsvertrag laut der SPD mit „keiner Silbe“ erwähnt: „Brandgefährlich“ nennt Dressel die Zusammenlegung zweier Feuerwachen im Hamburger Südwesten.

Eine vernichtende Bilanz nach zwei Jahren schwarz-grüner Innenpolitik hat der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Dressel gezogen. Der Innenexperte trat am Mittwoch zusammen mit seiner Fraktionskollegin Jana Schiedek vor die Presse. Die SPD-Justizpolitikerin stellte dem Senat ein etwas milderes Zeugnis aus.

„In der Umsetzung des Koalitionsvertrages blockieren sich CDU und GAL gegenseitig“, sagte Dressel. Statt Freiheitsrechte und Sicherheit in Einklang zu bringen, sei „beides auf der Strecke geblieben“. So hätten sich CDU und GAL noch nicht auf ein neues Polizeirecht einigen können, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden. „Ein peinliches Versäumnis“, so Dressel, „und für die vorgebliche Bürgerrechtspartei GAL beschämend“.

Es gebe noch keine Korrekturen der Regelungen zu Rasterfahndung und Kennzeichenlesegeräten sowie bei der Wohnraum- und Telefonüberwachung. Auch bei der Videoüberwachung sehe er nur „planloses Agieren“, sagte Dressel, die versprochene Evaluation lasse auf sich warten. Am „Kriminalitätsschwerpunkt Hansaplatz“ würden die Videoaugen abgebaut, aber nur Tage später fordere Polizeipräsident Jantosch ohne jede Rechtsgrundlage, sich in die Kamera-Überwachung in HVV-Bussen und Bahnen einschalten zu dürfen.

Regelrecht „bizarr“ nannte Dressel die Personalpolitik bei der Polizei: Statt der versprochenen Beamten vor Ort stelle er einen „Sinkflug bei der Personalstärke“ fest. Zugenommen habe die Präsenz nur in der „Teppichetage“: der Polizeiführung. Und wenig nachvollziehbar ist für Dressel die Strategie, auf Polizeipferde statt Polizisten zu setzen: „Hier sind Schwarz-Grün offenbar die Gäule durchgegangen.“

Milder ins Gericht ging die SPD-Justizpolitikerin Jana Schiedek mit Ressortleiter Till Steffen (GAL). Mit den Strafvollzugs- und Untersuchungshaftgesetzen habe der Senator die „gröbsten Exzesse der Kusch- und Lüdemann-Ära beseitigt“. Dennoch gebe es Defizite. So sei die Privatisierung des Maßregelvollzuges noch nicht zurückgenommen. Auch stocke die Wiedereinführung des Korruptionsregisters, die binnen eines Jahres erfolgen sollte, auf Sondierungsebene.

Handlungsbedarf gebe es auch beim Datenschutz: Vier Behörden verfügten noch immer über keinen eigenen Beauftragten, sagte Schiedek – „gerade die mit mit den sensibelsten Daten“. Insofern gebe es für Senator Steffen auch keinen Grund zur „übertriebenen Selbstzufriedenheit, wenn man hinter die Fassaden blickt“. KAI VON APPEN