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Archiv-Artikel

Abgeordnete genießen tote Robbe im Speckmantel

TIERSCHUTZ Das kanadische Parlament protestiert in der Kantine gegen das Robben-Importverbot der EU

BERLIN taz | Die Vorspeise muss exquisit gewesen sein. Doch was auf das Fruchtkompott mit roten Zwiebeln und Mango folgte, dreht jedem Tierschützer den Magen um: Kanadas Abgeordnete verspeisten am Mittwoch in ihrer Kantine Robbensteaks umhüllt von Räucherspeck. Auf diese Weise protestierten sie dagegen, dass die EU seit diesem Jahr die Einfuhr von Robbenfleisch und -fell verbietet.

Man wolle insbesondere Solidarität mit denjenigen Bürgern zeigen, die von der Robbenjagd lebten, ließ Céline Hervieux-Payette in ihrer medienwirksamen Einladung wissen. Mit „Freude“ hatte die Senatorin die Presse mittags um zwölf Uhr Ortszeit zum Essen eingeladen. Es war das erste Mal, dass in dem noblen Restaurant des Parlaments Robbenfleisch angeboten wurde.

„Das wird zu nichts führen, vor allem nicht zu einer Aufhebung des Importverbots“, sagt Thomas Pietsch, Wildtier-Experte der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Er hält das Vorgehen der Parlamentarier für eine „sinnlose Provokation“ und glaubt: „Das Unverständnis in der Bevölkerung wird dadurch eher noch wachsen.“

Zum Start der nun beginnenden Fangsaison ist den kanadischen Robbenjägern aufgrund eines neuen EU-Verbots der europäische Markt und damit rund ein Viertel ihrer Exporte weggebrochen. Obwohl die Einfuhr in einzelne Mitgliedstaaten schon länger verboten war, wurde mit Robbenprodukten EU-weit bislang jährlich mehr als 4 Millionen Euro Umsatz gemacht.

Die EU begründete das Verbot mit der Grausamkeit der gängigen Jagdmethoden: Den wehrlosen und wenig scheuen Tieren wird häufig mit einem speziellen Stock der Schädel eingeschlagen. Kanada sieht in dem Importverbot einen Verstoß gegen die Regularien der Welthandelsorganisation WTO und hat eine Beschwerde angekündigt.

Nach Angaben der EU-Kommission werden jährlich rund 900.000 Robben getötet, mehr als die Hälfte davon in Kanada, Grönland und Namibia. Wie viele Tiere für das Mittagessen von Hervieux-Payette und ihren 104 Abgeordnetenkollegen sterben mussten, teilte die Senatorin nicht mit. THOMAS SCHMID

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