Die Geißeln der Moderne erreichen auch den Himalaja

BHUTAN Dank Arbeitslosigkeit und Armut erzielt die Opposition einen unangefochtenen Wahlsieg

THIMPHU dpa | Die Menschen im kleinen Himalaja-Staat Bhutan haben ihre erste demokratisch gewählte Regierung für Korruptionsaffären und Misswirtschaft abgestraft. Die bisher oppositionelle Volksdemokratische Partei (PDP) fuhr bei den Parlamentswahlen am Samstag einen klaren Sieg ein und erlangte 32 der 47 Mandate. Die Partei für Frieden und Wohlstand (DPT), die bislang fast alle Abgeordneten stellte, erhält künftig 15 Sitze. Nach 2008 war dies erst die zweite Parlamentswahl in der Geschichte des Landes.

Vor den Wahllokalen klagten viele Bhutaner, die Regierung sei korrupt und habe mehr gestritten, als das Land voranzubringen. Rund 66 Prozent der Wahlberechtigten gaben nach offiziellen Angaben ihre Stimme ab, 2008 waren es noch rund 80 Prozent. Der Leiter der Wahlkommission, Kunzang Wangdi, dankte am Sonntag den Menschen, die stunden- und tagelang über die Berge gelaufen waren, um an der Abstimmung teilzunehmen.

„Wir richten unsere höchste Ehrerbietung auch an unseren König, für seine Inspiration und Motivation“, sagte Wangdi. Der langjährige König Jigme Singye Wangchuck hatte im Jahr 2005 erklärt, er werde abtreten und die Demokratisierung einleiten. 2006 übergab er die Regierungsgeschäfte an seinen Sohn Jigme Khesar Namgyel Wangchuck. Alle Parteien sind königstreu.

Das Bruttoglücksprodukt

„Wir wollen die Veränderung. Und davon haben wir unter der letzten Regierung nicht viel gesehen“, sagte der Geschäftsmann Sangay Dorji nach der Wahl in der Hauptstadt Thimphu. Das nur etwa 700.000 Einwohner zählende Bhutan habe erhebliche Probleme, etwa die wachsende Arbeitslosigkeit, die Unterentwicklung der ländlichen Regionen und eine größer werdende Einkommensschere.

Bhutan ist das einzige Land auf der Welt, in dem das Bruttoglücksprodukt gemessen. Der Index des „guten Lebens“ wurde in den 1970er Jahren eingeführt. Heute umfassen die Kriterien neun Bereiche: Lebensstandard, Gesundheit, psychisches Wohlergehen, Bildung, Zeiteinteilung, kulturelle Vielfalt und Erhalt, gute Regierungsführung, Gemeinschaftsgefühl sowie ökologische Vielfalt und Umweltbelastbarkeit. Im Jahr 2010 waren 41 Prozent der Bhutaner „glücklich“, besonders Beamte und Mönche.