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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die Kirche schafft sich ab

■ betr.: „Die Ehe nicht über den Menschen stellen“, taz vom 12. 8. 13

Glaubt denn die EKD wirklich, alle Alleinerziehenden und Homosexuellen würden aufgrund des neuen Familienpapiers begeistert in die Hände klatschen und rufen: Hurra, wir sind willkommen – nun gehen wir auch in die Kirche!? Das Gegenteil wird der Fall sein, denn mit ihrem orientierungslosen Anbiedern an den Mainstream löst die Kirche sich in der Bedeutungslosigkeit auf. Frau Schöningh macht sich nicht einmal die Mühe, ihr Papier theologisch zu begründen, und beweist damit, wie hohl es in der EKD geworden ist. Es ist auch ein Vorurteil, dass die Kritiker des EKD-Papiers eher ältere Männer seien. Als junge taz-Abonnentin kenne ich viele Frauen, denen das EKD-Papier auch gewaltig gegen den Strich geht. Die Kirche schafft sich ab, wenn sie ihren Auftrag nicht wahrnimmt: Leben und Weitersagen des Evangeliums. Auf Basis der Bibel. Noch einen „Neue-Welt-Verein“ brauchen wir nicht. JUTTA. B.

Gleichgültige Zeitgenossen

■ betr.: „Der deutsche Geheimcode“ u.a, taz vom 10. 7. 13

Es ist wirklich erschütternd, wie viele ansonsten geistig durchaus fitte Mitbürgerinnen und Mitbürger der totalen Überwachung durch mehr oder weniger geheime Dienste gleichgültig gegenüberstehen. Ich kann den Satz „Ich habe nichts zu verbergen“ nicht nur nicht mehr hören, sondern sehe mich sogar gezwungen, militant dagegen vorzugehen. Denn „die Gefahr“ droht nicht so sehr von Geheimdiensten, sondern, immer mehr und ganz offensichtlich, von genau diesen gleichgültigen unbedarften Zeitgenossen, die partout nicht begreifen wollen, was unserem Zusammenleben bevorsteht, wenn wir uns nicht sofort zur Wehr setzen. Insofern kommt es auch einem Affront gleich, dass die amtierende Bundeskanzlerin Minister Friedrich nach Washington schickt, der dort Theaterdonner machen soll. Genau genommen sollte eine derartige Verhohnepipelung der Bürgerinnen und Bürger ein Grund sein, dieser Regierung das Vertrauen zu entziehen. Aber die vielen Nichtwählerinnen und Nichtwähler werden wohl ebenfalls der Meinung sein, dass sie ja nichts zu befürchten haben. Mich und meine Freunde lehren sie immer mehr das Fürchten. HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

Unglaubliche Rechthaberei

■ betr.: „Fall Mollath. Opposition will Merks Rückritt“, taz v. 10. 7. 13

Die Justizministerin könnte die Staatsanwaltschaft anweisen, die Entlassung Mollaths zu beantragen. Damit würde sie den Gerichten ebenso wenig vorgreifen wie bei ihrer ja gegebenen Anweisung, ein Wiederaufnahmeverfahren zu beantragen. Das Gericht wird damit nicht in Zugzwang, aber immerhin doch zum Nachdenken gebracht.

Hoffentlich kann sich das Bundesverfassungsgericht dazu durchringen, die für die Justiz ja sehr bequeme Anbetung der Rechtskraft aufzuweichen, die Wiederaufnahmeverfahren fast aussichtslos erscheinen lässt. Richter sind nicht weniger fehlbar als der Durchschnitt. Wenn sich nach Rechtskraft eines Strafurteils Zweifel einstellen, darf eine Wiederaufnahmemöglichkeit nicht weiterhin an dieser unglaublichen Rechthaberei scheitern, jedenfalls wenn es um Freiheitsentziehung geht. ALFRED MAYER, München

Katastrophal baden gegangen

■ betr.: „Schweinfurter Abiturkrise“, taz vom 6. 7. 13

Nun ist gerade eine Schule in Schweinfurt katastrophal baden gegangen – eine private Schule, mit Lehrkräften ohne didaktischen Ballast. Schüler, die an einer staatlichen Fachoberschule nicht aufgenommen worden wären, wurden dort von Lehrkräften unterrichtet, die nicht für den Unterricht ausgebildet sind.

Man könnte sich in der Tat Gedanken machen über die Motivation der Schüler (die ihre Schulaufgaben nach wenigen Minuten abgaben, weil diese Noten nicht für den Abschluss zählten) und der Eltern (dass Eltern ihre Schüler an eine private Schule schicken, weil sie „billig“ ist, glaubt wohl auch nur jemand, der Studiengebühren für sozial hält). Man könnte sich auch überlegen, ob eine Schule mit Gewinnerzielungsabsicht nicht gerade deswegen auch Schüler aufnimmt, die weniger geeignet sind, damit Klassen und Kasse möglichst voll werden.

Aber der Bildungsredakteur der taz hat natürlich den Hauptschuldigen längst ausgemacht: es ist der Kultusminister. Und beinahe im selben Atemzug ruft Christian Füller nach den Schulbehörden – und fordert mehr „freie“ Schulen. CLAUS BERGER, Burglauer

„Privat kann es besser!“

■ betr.: „Die Schweinfurter Nullpunkteschule‘“, taz.de vom 10. 7. 13

„Privat kann es besser!“, so lautet das Mantra von Westerwelle/Merkel. Nun mag es ja sein, dass sich das geistige Niveau der beiden neoliberalen Sinnanbeter nicht weit entfernt von dieser privaten Fachoberschule ist. Das würde vieles erklären helfen. Doch auch selbst mit den einfachen Kenntnissen der Grundrechenarten lässt sich ausrechnen, dass sich mit einem monatlichen Schulgeld von 140 Euro kein Lehrer bezahlen lässt, wenn er denn wirklich einer ist. Offenbar ist dort mit Honorar- und 400-Euro-Kräften gearbeitet worden, oder es unterrichteten dort Lehrkräfte, die zu Recht keine Lehrbefähigung an einer öffentlichen Schule erworben haben. Das hat also Deutschland von einer schwarz-gelben Bundes- bzw. schwarzen Landesregierung zu erwarten, wenn es zur „Bildungsrepublik Deutschland“ kommen sollte. LEHRER LÄMPEL, taz.de