Krawalle in Dublin nach Oranier-Parade

Anhänger einer Splittergruppe der IRA liefern sich in der irischen Hauptstadt Straßenschlachten mit der Polizei. Mindestens 40 Personen werden verletzt und 41 verhaftet. Die gewalttätigen Proteste spielen protestantischen Extremisten in die Hände

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Eine Parade des protestantischen nordirischen Oranier-Ordens in Dublin endete am Samstag mit Krawallen, bei denen mehr als 40 Menschen verletzt wurden. Der Orden hatte mit der Organisation „Fair“ („Familien handeln für unschuldige Verwandte“) zu einem Gedenkmarsch für die Opfer des nordirischen Terrorismus aufgerufen. Allerdings erkennen Fair und der Orden lediglich Protestanten als Opfer an, beide Organisationen unterhalten enge Verbindungen zu protestantischen Terroristen.

Auf einem Transparent gedachten die Oranier, die sich nach Wilhelm von Oranien benannt haben, der 1690 seinen katholischen Widersacher Jakob II. besiegte und die protestantische Thronfolge in Großbritannien sicherte, Robert McConnells. Er wurde 1976 von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) erschossen. McConnell war Soldat der britischen Armee und Mitglied einer terroristischen protestantischen Organisation. Er hat mindestens ein Dutzend Katholiken ermordet und steckte auch hinter den Bombenanschlägen von Dublin und Monaghan von 1974, bei denen 33 Menschen starben.

Zum Protest gegen die Oranier-Parade hatte Republican Sinn Féin aufgerufen, eine Absplitterung der IRA und ihres politischen Flügels, Sinn Féin, die gegen den Friedensprozess ist. Die Ausschreitungen begannen, kurz nachdem die rund tausend Oranier aus Nordirland angereist waren. Die Ausschreitungen richteten sich nicht gegen die Ordensmitglieder, sondern gegen die Dubliner Polizei.

Verantwortlich waren vor allem Jugendliche aus den Innenstadtslums, Mitglieder krimineller Gangs, aber auch zahlreiche Immigranten aus Litauen und Lettland. Die Randalierer warfen mit Steinen und Brandbomben, zündeten Autos an, zertrümmerten Schaufensterscheiben und plünderten Geschäfte. 41 Menschen wurden verhaftet.

Mit der Oranier-Parade, die kurz nach Beginn abgebrochen wurde, hatte das nichts mehr zu tun. Dennoch werden protestantische Extremisten, allen voran Pfarrer Ian Paisley von der Democratic Unionist Party (DUP), ihren politischen Nutzen aus den Krawallen ziehen. Oranier-Orden und DUP betreiben von jeher eine vertikale Spaltung der Gesellschaft in Protestanten und Katholiken, sie beschwören protestantische Solidarität und Militanz.

Doch das Feindbild bröckelt, die IRA hat 2005 ihr Waffenarsenal ausgemustert. Paisley, dem als Führer der stärksten nordirischen Partei das Amt des Premiers zustünde, weigert sich trotzdem, eine Mehrparteienregierung mit Beteiligung von Sinn Féin einzugehen. Er kann mit den Dubliner „antiprotestantischen Ausschreitungen“, wie er sie nannte, zufrieden sein.