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Archiv-Artikel

Sozis sehen schwarz

SPD-Fraktionschef Michael Neumann bilanziert zwei Jahre CDU-Alleinregierung: Der Senat habe fast vollständig versagt – und Bürgermeister Ole von Beust erst recht

Michael Neumann ist ein Freund klarer Worte. „Plaudertasche“ nennt der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU): „Er palavert gern und viel, aber ganz wenig kommt dabei raus.“ Den geplatzten „dilettantischen“ Deal mit der Deutschen Bahn nennt der Oppositionsführer als Beispiel bei der gestrigen Bilanz der SPD-Fraktionsführung von zwei Jahren CDU-Alleinregierung in der Hansestadt. Oder die „wankelmütige Haltung“ des Regierungschefs in der Nordstaat-Frage. Und natürlich dessen aktuellen Vorstoß für einen Islamunterricht an den Schulen: „Bar jeder Sachkenntnis plappert der Bürgermeister drauflos“, sagt Neumann, „und kein Fachmann unterstützt ihn dabei.“

Auch in nahezu allen weiteren Politikfeldern sehen Neumann und seine drei Vizes Gesine Dräger, Ingo Egloff und Martin Schäfer „für Hamburg schwarz“. Von steigender Neuverschuldung aufgrund unseriöser Finanzpolitik sprechen sie, vom „Versagen“ in der Wirtschaftspolitik bei der gescheiterten Rettung der Hamburger Aluminium-Werke, von der „verantwortungslosen“ Kürzung der Mittel für die Arbeitsmarktförderung bei gleichzeitigem Anstieg der Arbeitslosenzahlen und von der „miserablen“ Planung großer Projekte wie der Airbus-Erweiterung und aktuell der Ortsumgehung Finkenwerder. „Dieser Senat“, so das Fazit des roten Quartetts, „lernt nichts aus seinen Fehlern.“

Besonders arg stehe es um die Bildungs- und Sozialpolitik, befindet Dräger. Größere Schulklassen oder sinkende Abiturientenquote deuteten auf „falsche Weichenstellungen“ hin. In zehn oder zwölf Jahren, so ihre Prophezeiung, würden die Fehler von heute sich schmerzhaft rächen.

Und der mehrfach von der Opposition geforderte Armutsbericht werde von der Sozialsenatorin „verhindert“. Die wolle „gar nicht so genau hinschauen“, der Regierungschef aber halte Sonntagsreden über die Neuausrichtung sozialer Stadtteilpolitik. „Das zentrale Problem ist“, so Neumanns Urteil, „dass der Bürgermeister trotz seiner Richtlinienkompetenz seinen Senat nicht lenkt und koordiniert.“

Die laut Umfragen hohe Zustimmung in der Bevölkerung zum Senat sei „an die Person von Beust gebunden“, analysiert er. Die sozialdemokratische Taktik müsse deshalb sein, „den Bürgermeister in die Verantwortung zu zwingen“. Im Frühsommer werde das Konzept der „Menschlichen Metropole“ präsentiert werden, der SPD-Gegenentwurf zur „Wachsenden Stadt“ der CDU. Denn die SPD wolle ja nicht nur kritisieren: „Wir wollen gestalten.“ SVEN-MICHAEL VEIT