: Keine „Fachärzte für Abschiebung“
Diskussion in der Ärztekammer „Wem dienen Ärzte“: Mediziner beharren auf Standards zur Flüchtlingsbegutachtung
Bremen taz ■ Ein „ganz heikles Thema“ würde er da anschneiden, schob Joachim Gardemann vorweg. Auf Einladung der Ärztekammer referierte der Gesundheitswissenschaftler aus Münster über „Ärztliche Begutachtung von Flüchtlingen“. Der Vortrag war Teil einer Reihe namens „Wem dienen Ärzte?“ Für Gardemann war die Sache klar: Ärzte – und zwar alle – seien vor allem „Sachwalter der Patienten“, so der Professor. Die gegenteilige Auffassung, ein Amtsarzt sei primär „Sachwalter der Allgemeinheit“, stamme aus der Nazi-Zeit und sei heute „völlig inakzeptabel“.
Hintergrund dieser Feststellung dürften die Pläne des Bremer Innensenators Thomas Röwekamp (CDU) gewesen sein, die Begutachtung kranker Ausreisepflichtiger künftig nach Hamburg zu vergeben. Bisher war das Bremer Gesundheitsamt damit befasst.
In der anschließenden Diskussion wurde Röwekamp dafür angegriffen, bis heute nicht begründet zu haben, was er an den Bremer Ärzten auszusetzen hat. Klar scheint: Es geht um den Begriff der „Reisefähigkeit“. Dieser wird vom „Ärztlichen Dienst“ der Hamburger Ausländerbehörde wesentlich enger gefasst, als von Ärzteverbänden empfohlen. Jochen Zenker, Leiter des Bremer Gesundheitsamtes, kritisierte eine Reduzierung der Untersuchungen auf die reine „Transportfähigkeit“. Sein Amt berücksichtige umfassend alle mit einer Abschiebung verbundenen Umstände – und daran werde nicht gerüttelt, so Zenker. Seine Ärzte würden sich daher zur bloßen Transportfähigkeit auch weiterhin nicht äußern. „Die Europäische Menschenrechtskonvention gebietet es, Kranke nicht in ein Land mit schlechterer Gesundheitsversorgung abzuschieben.“
Das ging einer anwesenden Richterin dann doch zu weit. Sie wolle sich „ja nicht als Feindin der Menschenrechte outen“, wendete sie entsetzt ein, aber „wenn man das ernst nehmen würde, dann könnten sich ja fast alle kranken Asylbewerber darauf berufen.“ Christian Jakob