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Archiv-Artikel

Zu wenig Frauen in den Parlamenten

Nach einem Bericht der Interparlamentarischen Union sitzen in den Volksvertretungen durchschnittlich nur 16,4 Prozent weibliche Abgeordnete – eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Spitzenreiter ist Ruanda, Deutschland liegt auf Platz 16

VON BEATE SEEL

Weltweit sind Frauen in den nationalen Parlamenten mit ganzen 16,4 Prozent vertreten. In absoluten Zahlen ausgedrückt, stehen 7.195 Parlamentarierinnen 36.766 männliche Abgeordnete gegenüber. Dennoch bewertet die Interparlamentarische Union (IPU) in einem am Montagabend vorgelegten Bericht dieses Ergebnis positiv. Ein Jahr zuvor lag der Frauenanteil noch bei 15,7 Prozent; 1995 waren es nur 11,3 Prozent. In mittlerweile zwanzig Parlamenten stellen die Frauen inzwischen mindestens dreißig Prozent der Abgeordneten, was der Vorgabe einer UNO-Frauenkonferenz von 1995 entspricht.

Die IPU, 1889 gegründet, ist eine internationale Organisation der Parlamente unabhängiger Staaten. Über 140 Volksvertretungen zählen zu ihren Mitgliedern. Die IPU setzt sich für einen interparlamentarischen Dialog und die Stärkung der repräsentativen Demokratie ein.

Auf Platz eins der IPU-Untersuchung liegt Ruanda mit einem Frauenanteil von 48,8 Prozent. Bei den Wahlen 2003, die den Abschluss einer neunjährigen Übergangsperiode nach dem Völkermord bildeten, wurde für das 80-köpfige Parlament eine Frauenquote von 24 Sitzen festgelegt; 15 weitere wurden ebenfalls gewählt. Schlusslichter sind, wenig überraschend, arabische Staaten wie Bahrain, die Emirate und Saudi-Arabien, in deren Volksvertretungen überhaupt keine Frauen sitzen, aber auch mehrere pazifische Inselstaaten sowie Kirgisien. In dem zentralasiatischen Staat ist das Absinken auf null vermutlich auf eine Verfassungsänderung zurückzuführen, die das bisherige Zweikammer- durch ein Einkammersystem ersetzte, was bei den Wahlen 2005 eine stärkere Konkurrenz um weniger Sitze bedeutete – zum Nachteil der Frauen.

Deutschland liegt laut IPU auf Platz 16. Spitzenreiter in Europa sind die skandinavischen Staaten, in denen der Frauenanteil bei durchschnittlich 40 Prozent liegt. Wenig überzeugend schneiden Länder wie Polen (20,4), Großbritannien (19,7), Frankreich (12,2) oder Italien (11,5) ab. Die USA liegen mit einem Frauenanteil von 15,2 Prozent im Mittelfeld – hinter China mit 20,3 Prozent. Diese Angaben beziehen sich auf die einzige Kammer beziehungsweise das Unterhaus und nicht auf das Oberhaus oder den Senat, im Falle Deutschlands also auf den Bundestag.

Interessant ist, dass Staaten, in denen bewaffnete Konflikte stattgefunden haben oder noch stattfinden, relativ gut abschneiden. Bei Wahlen 2005 in Afghanistan (27,3), Burundi (30,5), Irak (25,5) und Liberia (12,5) erhöhte sich der Frauenanteil teilweise deutlich. Das lag vor allem an den neu eingeführten Frauenquoten. In Burundi gab es zuvor lediglich 18,4 Prozent Parlamentarierinnen. Weniger positiv ist der Fall Liberia, wiewohl es auch dort eine Steigerung gab. In dem westafrikanischen Land wurden die Parteien aufgefordert, 30 Prozent Frauen auf ihren Listen aufzustellen. Da im Falle eines Verstoßes jedoch keine Sanktionen drohten, hielten sich viele nicht daran. Entsprechend mager ist das Ergebnis. Der Irak ist mit Platz 26 gar Spitzenreiter in der gesamten arabischen Welt. Die angeführten Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, beim Aufbau demokratischer Institutionen von vornherein Frauen miteinzubeziehen.

Doch die Quote allein ist nicht ausreichend. „Sie stellt einen quantitativen Sprung dar, aber um das Ziel einer wirkungsvollen Geschlechtergleichheit in der Politik zu erreichen, müssen Quoten von einer Reihe anderer Maßnahmen begleitet werden“, heiß es in dem IPU-Bericht. Dazu zählten Trainingsprogramme für Frauen, sozioökonomische und kulturelle Entwicklung sowie die Unterstützung durch internationale Organisationen.

www.ipu.org