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Experimente mit den Chef-Figuren

NOTIZBUCH Viel los auf den Führungsetagen deutscher Verlage

Aus einer bestimmten Perspektive unbedingt zu begrüßen ist der Wechsel des Schriftstellers Georg M. Oswald an die Spitze des Berlin Verlages ja. Die Mauern zwischen der Schriftstellerei und dem Verlagswesen, übrigens auch der Literaturwissenschaft und der Literaturkritik sind in Deutschland viel zu hochgezogen. Identitätszwang herrscht, ein personeller Austausch findet viel zu selten statt. Da kann der Wechsel eines Autors („Alles, was zählt“, „Unter Feinden“) in die Verlegerei ganz erfrischend sein. Aber ob nun ausgerechnet der Berlin Verlag ein gutes Feld ist, um das auszuprobieren? Rücktritt der Verlegerin Elisabeth Ruge 2011, Verkauf an den schwedischen Bonnier-Konzern, Umzug des Verlages innerhalb Berlins – gerade hatte man sich daran gewöhnt, dass die Ruge-Nachfolgerin Birgit Schmitz nun ihre Handschrift wird entwickeln können, da kommt jetzt also erst mal Oswald. Viel wird davon abhängen, ob und wie er sich die Arbeitsbereiche mit Birgit Schmitz wird aufteilen können.

Die vielen anderen Wechsel in den Chefetagen hat die Verlagsbranche ansonsten intern gelöst. DVA-Verlagschef Jo Lende wird Nachfolger von Hanser-Verlegerlegende Michael Krüger. Die Lektorin Sabine Cramer wird neue Verlagschefin bei DVA. Suhrkamp-Lektor Karsten Kredel wird Programmleiter des Verlages Hanser.Berlin. Diogenes-Mitarbeiter Daniel Kampa ist soeben Verlagsleiter bei Hoffmann und Campe geworden. Also werden entweder Verlagsleiter woanders Verlagsleiter. Oder Lektoren steigen zum Verlagsleiter auf. Die Umbrüche im Verlagswesen, Stichwort E-Book, sind gerade ja auch so groß, dass man vor Personal-Experimenten eher zurückschreckt.

Auch bei Georg M. Oswald ist das Experiment letztlich nicht so groß. Er ist nämlich keiner derjenigen Autoren, die sich, wie zuletzt manche Suhrkamp-Autoren, gern mit Unkenntnis, ja sogar Verachtung von betriebswirtschaftlichen Dingen profilieren. Er hat sogar einen handfesten Beruf erlernt: Rechtsanwalt. DRK

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