: Anarchie war gestern
VON JOHANNES KOPP
Was ist nur mit Union Berlin los? Berichtenswertes hat man aus Köpenick schon lange nicht mehr vernommen. Auch der Nachrichtenwert des torlosen Remis am Freitagabend bei der SpVgg Greuther Fürth tendierte gegen null. Sang- und klanglos sind die Unioner aus dem oberen Tabellendrittel in die Bedeutungslosigkeit abgedriftet. Von neun Zweitligabegegnungen in diesem Jahr konnten sie nur zwei gewinnen. Nun fristen die Eisernen jenseits des Abstiegs- und Aufstiegskampfes ein reizloses Dasein. Das Warten auf die nächste Saison hat bereits begonnen.
Es ist still geworden um den Verein, der im vergangenen Jahr noch für so bunte Unterhaltung sorgte. Allerlei Geschichten wurden über Union geschrieben. Wie die eigenen Fans das Stadion renovierten, die Mannschaft souverän in die zweite Liga stürmte und wie die Vereinsführung sich erst auf einen windigen Sponsor einließ, der 10 Millionen Euro in Aussicht stellte, ihm dann aber den Vertrag kündigte, weil der Geschäftsführer eine Stasivergangenheit hatte. Union war wirklich so, wie man sich innerhalb des Klubs selbst sieht: anders als alle anderen Vereine.
Inzwischen ist Union Berlin gar zu einem staatstragenden Unternehmen mutiert. Kürzlich wurde mitgeteilt, dass das Zentrum für Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr Partner des Nachwuchsleistungszentrums von Union Berlin geworden ist. Den Jugendfußballern, so hieß es, sollen berufliche Perspektiven aufgezeigt werden. Während die Erfolgreichen künftig mit dem Ball für Union kämpfen, können die anderen dann dasselbige mit der Waffe für Deutschland tun.
Bei den Union-Profis hat man schon seit einer Weile den Eindruck, dass ihr Spiel zu sehr auf Befehl und Gehorsam beruht. Die Mannschaft rennt nach Vorschrift die Linie hoch und runter. Was aber fehlt, sind die anarchischen Überraschungsmomente, die für mehr Spannung sorgen könnten.