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Archiv-Artikel

Antidiskriminierungsgesetz in Sicht

Die große Koalition will bis Ostern die letzten Streitpunkte beim „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“ beseitigen. Die Union möchte einen Diskriminierungsschutz im Zivilrecht jetzt auch für Alte und Behinderte, nicht aber für Schwule und Lesben

AUS BERLIN MAURITIUS MUCH

CDU/CSU und SPD stehen offenbar kurz vor einer Einigung auf ein Antidiskriminierungsgesetz. Das bestätigte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Wolfgang Bosbach, der taz. „Ich denke, dass wir uns bis Ende März einigen werden“, sagte Bosbach. Noch vor der Sommerpause könnte der Kompromiss dann als „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“ vom Bundestag verabschiedet werden.

Mit dem Antidiskriminierungsgesetz will Deutschland eine EU-Richtlinie umsetzen. Rot-Grün war mit dem Vorhaben im Bundesrat gescheitert, das Gesetz gegenüber den EU-Vorgaben auszuweiten.

Nach Angaben aus Koalitionskreisen sind sich Union und SPD nun noch in vier Punkten uneinig. Erstens gilt zu klären, welche Personengruppen sich durch das neue Gesetz gegen eine Diskriminierung wehren können. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass im Arbeitsleben BürgerInnen klagen können, wenn sie aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, Behinderung oder Religion benachteiligt werden. Sollte aber jemand beim Einkaufen oder dem Mieten einer Wohnung, also im Bereich des Zivilrechts, diskriminiert werden, greift die EU-Richtlinie nur in Fragen von Rasse, Geschlecht und ethnischer Herkunft. Die SPD will alle anderen vier Merkmale ins neue Gesetz aufnehmen, die Union nicht. Nun zeichnet sich ab, dass die Union die Kriterien Alter und Behinderung akzeptiert. In der Frage der Religion und der sexuellen Orientierung gibt sich die Union aber unnachgiebig.

Ein zweiter Streitpunkt ist die Frage, ob Betriebsrat und Gewerkschaften gegen Diskriminierungen von Mitarbeitern klagen können. Dies solle auch dann möglich sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer eine solche Klage nicht wolle, fordert die SPD. Die Union ist strikt dagegen.

Probleme bereitet drittens auch die so genannte Kirchenklausel in der EU-Richtlinie. Die SPD argumentiert, dass Kirchen nur die Religionszugehörigkeit des Arbeitnehmers beachten dürften, wenn der Glaube für die Art der Tätigkeit entscheidend sei. Die Union will den Kirchen auch dann ein solches Recht einräumen, sollte Religion keine Rolle am Arbeitsplatz spielen.

Als vierten und letzten Punkt muss sich die Koalition bezüglich einer Antidiskriminierungsstelle einigen. An welchem Ort und wie groß die Behörde sein soll, ist vollkommen unklar.

Trotz der offenen Punkte erwartet auch die SPD eine schnelle Lösung, wie die taz aus Fraktionskreisen erfuhr. Die Zeit drängt, weil Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren der EU droht. Brüssel könnte Bußgeld verlangen. Zurückhaltender gibt sich das sozialdemokratisch geführte Justizministerium. „Wir werden sehen, wie schnell wir eine Einigung finden. Alles andere ist Kaffeesatzleserei“, sagte Sprecherin Christiane Wirth. Offene Fragen müssten Spitzenpolitiker beider Parteien im Koalitionsausschuss klären. Das hätten die Ministerin Brigitte Zypries und CDU-Mann Bosbach in einem gemeinsamen Brief an den Koalitionsausschluss vorgeschlagen.