: Hamburger Lösung ist kein Pilotabschluss
In Niedersachsen und in den Südwestkommunen wird der Kompromiss kritisch bewertet. Streiks dauern fort
BERLIN rtr/afp/dpa/ap ■ Dreieinhalb Wochen dauert er nun schon: der längste Streik im öffentlichen Dienst seit 14 Jahren, Und vorerst sieht es so aus, als ob nur in Hamburg bald wieder die Straßen von dem Müll befreit werden, der sich dort seit Streikbeginn angehäuft hat. Von dem Kompromiss, den die Gewerkschaft Ver.di mit den kommunalen Arbeitgebern in der Hansestadt aushandeln konnte, zeigen sich andernorts die Verhandlungsführer sowohl der Arbeitnehmer- als auch der Arbeitgeberseite kaum begeistert.
Für Ver.di in Niedersachsen ist die Hamburger Einigung nicht übertragbar. Dies sagte Ver.di-Sprecher Ulf Birch gestern in Hannover. „Das hat keine Relevanz für uns, weil der Geltungsbereich völlig unterschiedlich ist.“ Der Arbeitskampf in Niedersachsen werde fortgeführt. „Es gibt keinen Bereich, weder Flughafen, Kitas, Müllabfuhr noch Straßenmeistereien, den wir außen vor lassen würden – auch nicht zur Cebit“, sagte Birch. Für den 9. März, an dem die Kommunikationsmesse Cebit beginnt, seien die Beschäftigten zu einer zentralen Protestkundgebung in der Innenstadt aufgerufen, sagte Birch. Er rechne mit mehr als 10.000 Teilnehmern und entsprechenden Behinderungen.
In Baden-Württemberg wurden gestern die Gespräche über die Arbeitszeit für die 200.000 Beschäftigten in den Kommunen zunächst mit internen Beratungen beider Tarifparteien fortgesetzt. Der Verhandlungsführer der Kommunen, Mannheims OB Gerhard Widder (SPD), sagte zum Hamburger Ergebnis: „Dies ist keine Größe, zu der wir abschließen.“ Auch Ver.di-Verhandler Alfred Wohlfart verwahrte sich gegen eine Übernahme des Kompromisses im Südwesten. Er würde sich aber freuen, wenn sich die Arbeitgeber auf Basis dieses Abschlusses „gedanklich bewegen“ würden.
Gewerkschafter kritisierten in Stuttgart erneut das kompromisslose Beharren der Arbeitgeber auf die 40-Stunden-Woche. Das Angebot der Kommunen enthielt bis gestern eine höhere Ausbildungsquote und die Übernahmegarantie für Azubis im Gegenzug für die 40-Stunden-Woche. Die Stuttgarter Ver.di-Chefin Sybille Stamm wies dies empört zurück. „Wir lassen uns die Arbeitsplätze nicht abkaufen“, sagte sie gestern.
Bisher war die Hälfte aller Bundesländer vom Streik betroffen. Ab heute beteiligen sich auch erstmals Beschäftigte in Bremen am Arbeitskampf. Bis auf einige Notdienste werden fast alle Kitas geschlossen bleiben, so Ver.di gestern. Zu einer Demo in Bremens Innenstadt werden heute bis zu 5.000 Teilnehmer erwartet.