: Schwarz-rote Koalition will Bio schützen
Die Bundesregierung hält den Entwurf der EU-Verordnung zum Ökolandbau „für nicht akzeptabel“. Der Zeitplan sei zu eng, die Kritik der Bioverbände berechtigt. Diese fürchten Aufweichung der Ökokriterien. Angeblich Mehrheit der EU-Länder dagegen
VON REINER METZGER
Die Bundesregierung will dem Entwurf der neuen EU-Verordnung zum Öko-Landbau in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Die Vorschläge der EU-Kommission seien „nicht akzeptabel“. Dies gab das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) dem grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck zur Antwort. Er hatte nach einem taz-Bericht vom 20. Februar nach der Position der Bundesregierung gefragt.
Die seit 1991 bestehenden EU-Regeln, was Ökolandbau ist und was nicht, werden verändert. Laut der EU-Kommission soll das neue Regelwerk deutlich einfacher werden. Ökoverbände und Experten sehen jedoch in dem Entwurf vor allem den Weg zu einer Aufweichung der Bio-Kriterien. Außerdem würden die für die Praxis wichtigen Detailbestimmungen künftig nur noch von der EU-Kommission festgelegt, die einzelnen Staaten oder gar Bioverbände hätten praktisch nichts mehr mitzureden.
Die Veränderungen kämen vor allem den großen Einzelhandelsunternehmen zugute. Sie wollen langfristig wesentlich stärker in den Biomarkt einsteigen als bisher. Dann würden die Bioprodukte knapp und damit teurer. Die Ketten sind daher an einer Ausweitung der zur Verfügung stehenden Bioprodukte – auch durch günstige Importe – interessiert. So hat etwa der Discounter Lidl Mitte Februar bekannt gegeben, dass er in seinen Filialen nach Ostern die Eigenmarke „Bioness“ einführt. Deren Produkte tragen das Gütesiegel der EU-Ökoverordnung.
Langfristig sollen 20 Prozent des gesamten Lidl-Sortiments Bioprodukte sein – was den Biomarkt angesichts des großen Umsatzes von Lidl stark verändern würde.
Die hiesigen Bioverbände kritisierten an dem Kommissionsentwurf auch, dass die EU ihr eigenes, hierzulande praktisch unbekanntes Label durchdrücken will und die teilweise viel strengeren deutschen Biolabel dann nur noch eingeschränkt genutzt und beworben werden dürften.
Dies sieht CDU-Staatssekretär Gert Lindemann vom BMELV genauso. Das Ministerium bemängelt auch den anvisierten engen Zeitplan: Schon im Sommer sollen die Minister der Länder zustimmen und die Verordnung damit verabschiedet sein. Ein so „weitgehender Umbau … macht sehr sorgfältige Verhandlungen nötig“, so hingegen Lindemann. Da habe „Qualität den Vorrang vor dem zeitlichen Aspekt“.
Das Ministerium kritisierte gegenüber der taz zudem den eingeschränkten Geltungsbereich der künftigen Verordnung. Neben Feinbackwaren oder Bier wäre auch der ganze Bereich der Außer-Haus-Verpflegung wie Kantinen oder Restaurants gar nicht mehr erfasst. Der Abgeordnete Volker Beck dazu: „Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen und sich in Brüssel für die Wahrung des deutschen Biostandards einzusetzen.“
Bis gestern tagte die entsprechende Arbeitsgruppe Lebensmittelqualität des EU-Rats. Zwei Sitzungen sind im März noch vorgesehen. Laut dem Ministerium stoßen „viele Regelungsinhalte auf weitgehende Ablehnung der Mehrheit der Länder“.