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Archiv-Artikel

Stilisierte Yakuza-Gangster

RETROSPEKTIVE In Hamburg laufen bis Ende August Filme des japanischen B-Movie-Meisters Seijun Suzuki

Von HIP

Dass Seijun Suzuki nicht eben hochsensible Filmpoeme gedreht hat, deuten schon die Titel an: „Gebrandmarkt zum Töten“, „Die Jugend der Bestie“, „Das Tor des Fleisches“ – für manche Zuschauer sind sie Versprechung, für die meisten wohl eher Warnung. Auf schrägen und gewalttätigen Streifen um Prostituierte und Yakuza begründet sich der Kult um den 90-jährigen Suzuki. Das Hamburger Metropolis-Kino widmet ihm derzeit eine sommerliche Retrospektive.

Wie einflussreich sein Schaffen war und ist, zeigt gerade wieder „Only God Forgives“, der soeben angelaufene neue Film von Nicolas Winding Refn. Gefragt nach zehn Lieblingsfilmen aus dem Programm des DVD-Verlags „Criterion“, nannte Refn gleich zwei Arbeiten Suzukis. Zu dessen Anhängern gehören genauso auch Wong Kar-Wai, John Woo und, klar, Quentin Tarantino. Er blieb stets ein Geheimtipp: Zu verschroben war sein Humor, zu eigenwillig waren seine Stilisierungen – mit einer leuchtenden Farbpalette, die vom Kabuki-Theater beeinflusst war –, zu nihilistisch seine Erzählungen.

Schon als sie entstanden, waren Suzukis Filme keine Kassenmagneten, und so wurde er 1967 von seinem Studio Nikkatsu entlassen. Zehn Jahre lang hielt er sich mit Arbeiten fürs Fernsehen, aber auch Büchern und Zeitschriftenartikeln über Wasser – bis er seit den späten 70er-Jahren eine erneute, fruchtbare Schaffensphase hatte.

Seit zwei Wochen schon zeigt das Metropolis insgesamt 15 Suzuki-Filme, und weil das chronologisch geschieht, sind Frühwerke wie „Branded to Kill“ und „Youth of the Beast“ schon gelaufen. Heute und morgen gibt es „Gate of Flesh“ (1964), die Verfilmung eines Romans aus dem Jahr 1947: Vier Prostituierte pflegen einen verletzten Ganoven gesund – und entzweien sich über ihn. Suzuki stilisiert mit Doppelbelichtungen und Symbolen, zeigt aber zugleich ein realistisches Bild der zerbombten Nachkriegs-Slums.

Wegen des großen Erfolges adaptierte Suzuki ein Jahr später noch einen Roman des Autors Taijiro Tamura: „Story of a Prostitute“ ist Samstag und Sonntag zu sehen. Dieser noch deutlicher historische Film erzählt von einer Gruppe von Frauen, die 1937 während des chinesisch-japanischen Krieges zur „Soldatenbetreuung“ nach Nordchina geschickt werden. Als Letztes läuft in diesem Monat „Tattooed Life“ aus dem Jahr 1965 (30. und 31. Juli), der Suzuki ersten Ärger mit seinem Studio bescherte: Die Kampfszenen in dem Yakuza-Thriller sollen als allzu wild empfunden worden sein – in diesem Genre ja eigentlich kein Makel. Sechs weitere Arbeiten des Meisters des japanischen B-Movie folgen dann im August.  HIP