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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Kleinkinder sind nicht Vaters Sache

■ betr.: „Meiner geht nicht in die Kita“, taz vom 20. 7. 13, Leserinbrief „Welche Rolle hat der Vater?“, taz vom 23. 7. 13

Tja, warum wohl kommt in dem Artikel über Wohl und Wehe eines Babys so oft der Begriff Mutter vor? Weil in Deutschland im Jahre 2013 immer noch viel zu wenig Väter sich von Anfang an und kontinuierlich dem Stress der Kleinkindbetreuung aussetzen, weil das Wort Elternzeit für zu viele Arbeitgeber im Zusammenhang mit Männern eher ein Schimpfwort ist als eine realistische Option. Weil zu viele Männer immer noch zu feige sind, um gegenüber ihren „Über-Vaterfiguren“, also den Vorgesetzten einzufordern, dass sie mehr Familienzeit brauchen und diese auch wollen. Und dafür dann „wenigstens“ dieselben Nachteile erleiden wie die Frauen (Gehaltseinbuße, soziale Isolation, Jobverlust etc).

Was nicht heißen soll, dass ich nicht die Männer wertschätze, die für ihre Familie in die Bresche springen. Das Wort Mutter taucht so oft auf, weil dies der einzige Mensch ist, an den die Deutschen immer noch möglichst ausschließlich die Sorge für Babys und Kleinkinder delegieren, und diese Mutter versucht ja das aufzuwiegen, durch das Bilden eines Netzwerks von Freunden. Meine Freunde sind alle berufstätig, haben also in der Regel anderes zu tun, als mich bei der Sorge und dem Spaß mit unserem Kind zu unterstützen. Das ist die Realität, die verändert werden muss durch andere Betreuungsoptionen, durch andere Wohnformen, durch gesetzliche Ansprüche an Arbeitgeber. MICHELLE-D. LEMME, München

Zeit für die Kinder

■ betr.: „Die erste Trennung“, taz vom 20. 7. 13

Nun hat es die auch in der taz erst erschreckend spät gestellte Frage nach der Qualität der Kitas endlich zu einem zweiseitigen Beitrag geschafft. Es ist schlimm, dass die jungen Eltern ihre Kinder nicht mehr genießen können, wenn sie zu denjenigen gehören, die das gerne wollen. Genießen! Jawohl! Es ist nämlich ein großes Privileg, Zeit für die Kinder zu haben und ihr Heranwachsen zu begleiten. Und ich frage mich, weshalb die Aufgabe dieses historisch erst sehr spät und auch nur partiell entstandenen Privilegs so sang- und klanglos hingenommen wird. In dieser Wochenendausgabe geht es auch um Burn-out und um die Idee einer Impfpflicht. Man muss das doch einmal zusammendenken: Menschen sollen frühzeitig zu effizienten Produktivkräften ausgebildet werden (Kinder), sie sollen für die Produktion freigestellt sein (Eltern), Krankheit hält nur auf, deshalb will man sie eliminieren (Gut versorgte Kinder sterben nicht an Kinderkrankheiten!), und wenn wir das alles schaffen, dann können wir stolz auf unseren Zusammenbruch sein. Und was haben wir davon? Wir können kräftig konsumieren … BIRGIT KÜBLER, Regensburg

Radwege rot färben

■ betr.: „Gefährlicher Helm“, taz vom 16. 7. 13

Auch ich bin gegen die Helmpflicht, kann aber Argumente für die Helmpflicht nachvollziehen. Ich bin für eine starke Empfehlung mit Aufklärung über die Risiken und andere Maßnahmen, denn ich fahre Rad, weil mir Rad fahren Spaß macht, es tut gut, Wind und Wetter am Kopf zu spüren. Hier bin ich „frei“, nicht so abgekapselt wie in einem Auto – ein Helm wäre da kontraproduktiv. Der volkswirtschaftliche Mehrwert könnte durch eine Helmpflicht für Fahrradfahrer gemindert werden: Denn Rad fahren ist gut für die Gesundheit (weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen), gut für die Psyche, gut für den Geldbeutel. Zu guter Letzt steigt die Lebensqualität in den Städten durch weniger Abgase.

Dennoch würde ich unter bestimmten Umständen einen Helm tragen und empfehle es anderen: Kindern, die noch nicht die gesamte Verkehrssituation überblicken können und die leicht übersehen werden, mittelalten und älteren Menschen, deren Reaktionsfähigkeit (und Knochensubstanz) sich verschlechtert, Leuten, die nur wenig Rad fahren und deswegen ungeübt sind, Rennradfahrern aufgrund deren erhöhter Geschwindigkeit. Eine Maßnahme, die Sicherheit der Radfahrer zu erhöhen, könnte darin bestehen, alle Radwege rot zu färben: Dadurch würden Autofahrer konstant auf Radfahrer aufmerksam gemacht werden und rücksichtsvoller und umsichtiger werden. HENDRIK GRIESINGER, Dortmund

Eingeschränkte Freiheit

■ betr.: „Gefährlicher Helm“, taz vom 16. 7. 13, LeserInnenbriefe „Helm auf, Helm ab“ u. a., taz vom 20. 7. 13 ff.

Nach der Häufigkeit der Leserbriefe über vier Ausgaben der taz zu dem Thema, „Helmpflicht für Fahrradfahrer“ stellt sich mir die Frage, ob das typisch deutsch ist. Da wird eine Diskussion „herbeigeredet“ über ein Thema, die im Grunde fast nicht zu verstehen ist unter dem Motto: Hier werden Menschen an einem Punkt bevormundet, der doch ihre eigene Sache sein soll. Da wird die Freiheit des Einzelnen hochgespielt, dass es einen grausen kann.

In der gleichen Zeit steht aber auch zur Debatte, wie durch die Abhöraffäre unsere Demokratie beziehungsweise unser Grundgesetz teilweise außer Kraft gesetzt wird, durch die Zusammenarbeit der Geheimdienste der USA und der BRD; wovon die Regierung – zumindest das Kanzleramt – gewusst haben muss. Und ein Direktor eines deutschen Geheimdienstes hat dazu aufgefordert, unser Grundgesetz nicht „so eng“ auszulegen, hat also zum Verfassungsbruch aufgefordert. Wie viele Leserbriefe hat es zu diesem Thema gegeben? Wo ist hier die Empörung, um die Einschränkung der demokratischen Freiheit? Es geht um unsere Grundrechte, um unsere Demokratie, nicht nur um Daten. ALBERT WAGNER, Bochum