NSA darf weiter ungebremst schnüffeln

USA Knapp gescheitert: Repräsentantenhaus lehnt Antrag ab, dem Geheimdienst flächendeckende Telefonkontrolle zu verbieten

BERLIN taz | Mit 217 zu 205 Stimmen hat das US-Repräsentantenhaus am Mittwoch (Ortszeit) einen von Abgeordneten beider Parteien eingebrachten Antrag abgelehnt, mit dem der Nationalen Sicherheitsbehörde NSA das flächendeckende Observieren von Telefongesprächen untersagt worden wäre.

Sowohl Präsident Barack Obama als auch der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, hatten sich zuvor vehement gegen das Gesetz ausgesprochen. Obama hatte ein Veto angekündigt, sollte es angenommen werden. Anfang der Woche hatte NSA-Chef Keith Alexander viele Stunden damit verbracht, in vertraulichen Sitzungen vor Abgeordneten für die Ablehnung des Antrages zu werben.

Dass es letztlich so knapp wurde, überraschte die meisten Beobachter. Ebenso bemerkenswert erschienen die Allianzen, die sich auf Befürworter- und Gegnerseite herausgebildet hatten: Zu den vehementesten Fürsprechern für die Einhegung der NSA-Befugnisse zählte etwa F. James Eisenbrenner jr. aus Wisconsin. Der langjährige republikanische Abgeordnete war nach den Anschlägen des 11. September 2001 einer der Mitautoren des „Patriot Acts“, jenes Pakets von Sicherheitsmaßnahmen im „Krieg gegen den Terror“, das Bürgerrechtsorganisationen seither als massiven Eingriff gegen die Bürger- und Freiheitsrechte kritisieren. Aber auch unter der Obama-Regierung sind sie stets verlängert worden.

Jetzt stimmten libertäre Republikaner, die jegliche Kompetenz der Bundesregierung stets misstrauisch kommentieren und viel Zeit damit verbringen, gegen eine allgemeine Krankenversicherung und bessere Waffenkontrolle zu wettern, mit linksliberalen Demokraten, denen der Krieg gegen den Terror schon immer zu weit ging. Und Tea-Party-Ikonen wie Michelle Bachmann, die sonst gegen jede Ausweitung bundesbehördlicher Zugriffsmöglichkeiten angehen und die USA unter Obama auf dem Weg zur kommunistischen Diktatur wittern, schlugen sich plötzlich auf die Seite der Sicherheitsfanatiker.

Argumentierten Befürworter des nun gescheiterten Gesetzes mit dem vierten Verfassungszusatz, der die Bürger vor willkürlichem staatlichem Eindringen in die Privatsphäre schützt, erklärte die Gegner, Telefongespräche seien kein Privatbesitz – und im Übrigen sei NSA-Whistleblower Edward Snowden ein Verräter.

Am Ende stimmten 94 der 234 Republikaner gegen ihre eigene Fraktionsführung, 111 von insgesamt 201 Demokraten gegen Obamas Willen. In einer Meinungsumfrage des TV-Senders CBS sagten 67 Prozent der US-AmerikanerInnen jüngst, die Telefonüberwachung verletze ihre Privatsphäre – 52 Prozent fanden sie dennoch notwendig, um Terroristen zu fangen. BERND PICKERT

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