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Archiv-Artikel

Durch Liebe zum Ende des Eigentums

RADIKALE THEORIE Antonio Negris und Michael Hardts dritter Streich

Toni Negri hat es eilig. 2000 veröffentlichte er zusammen mit Michael Hardt das globalisierungskritische Werk „Empire“. Die theoretisch anspruchsvolle Kapitalismustheorie wurde zur Überraschung vieler ein internationaler Bestseller. Negri und Hardt beziehen sich in „Empire“ positiv auf die Errungenschaften der digitalen Weltveränderung und kreuzen diese mit den Denktraditionen des westlichen Marxismus sowie der autonomen Bewegungen. So gaben sie der undogmatischen Kapitalismuskritik neues Futter.

Negri, der 77-jährige italienische Philosoph, und der 50-jähriger US-amerikanische Literaturwissenschaftler Hardt sind heute das produktivste Autorenduo des Neomarxismus. Auf „Empire“ folgte 2004 „Multitude“, eine umfängliche Studie zum erweiterten Klassenbegriff. Und nun „Common Wealth. Das Ende des Eigentums“, ihr dritter Streich in neun Jahren. Die Cheftheoretiker der antietatistischen Linken gehen auch hier wieder den Missständen im Kapitalismus nach, ohne bei einer bloßen Beschreibung zu verweilen. Vielmehr behaupten sie, dass aus den neuen (globalisierten und digitalisierten) Produktions- und Arbeitsverhältnissen auch die neue emanzipatorische Subjektivität erwächst. Negri und Hardt betonen, „dass nicht der Mangel, sondern die Möglichkeit die Armen definiert“: „Wirtschaftsstatistiken können die ökonomischen Bedingungen der Armut nur negativ erfassen, doch fehlt ihnen ein Verständnis der Lebensformen, Sprachen, Bewegungen und der innovativen Fähigkeiten, die die Armen hervorbringen.“ ANDREAS FANIZADEH

Michael Hardt, Antonio Negri: „Common Wealth. Das Ende des Eigentums“. Aus dem Englischen von Thomas Atzert und Andreas Wirthensohn. Campus, Frankfurt am Main 2010, 437 Seiten, 34,90 Euro